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„Stillen ist Liebe“ & gehört nicht auf‘s Klo!

In unserem Wohnzimmer hängt ein Bild. Das ist an für sich nix Außergewöhnliches, dass in einem Wohnraum ein Bild hängt. Aber es ist ein ganz Spezielles. Es ist das Bild “Mutter mit Kind” von Gustav Klimt. Selbstverständlich handelt es sich auch nicht um das Original, sondern um schlicht und einfach ein eingerahmtes Poster eben jenes Gemäldes.

Wer das Bild nicht kennt: Zu sehen ist der meiner Meinung nach reinste Inbegriff der Liebe zwischen Mutter und Kind. Beide nackt, eng aneinander geschmiegt. Als könne nichts auf der Welt dieses Bündnis zerreißen, diesen einen wahren Moment stören.
Dieses Bild bedeutet für mich Leben und Liebe und faszinierte mich vom ersten Augenblick an.

Gesehen hatte ich es damals -schwanger mit meiner jüngsten Tochter- in der Praxis meiner Gynäkologin. Wo sonst sollte auch ein derartiges Bild auftauchen als beispielsweise in einer Frauenarzt-Praxis oder eventuell in den Räumlichkeiten eines Geburtshauses oder einer Mutter-Kind-Einrichtung?

Doch ich musste es einfach haben. Dieses Bild. So viel stand von der ersten Sekunde fest. Ich weiß nicht, ob’s die Hormone einer Mutter, zum dritten Mal in freudiger Erwartung, waren oder mein sowieso an sich durch und durch emotionales und sentimentales Wesen.

Das Bild musste ins Wohnzimmer!
Wenngleich es auf den ein oder anderern Besucher leicht befremdlich wirkt.
“Wo liegt Eure Fernbedienung? Ah! Da drüben! Bei dem Bild mit der -äh- nackten Brust!” Böse Zungen sagten sogar einmal “Titten-Bild”zu diesem wundervollen Kunstwerk. Verklemmtes Deutschland!
Denn mit diesem Bild verbinde ich noch viel mehr als nur die Nähe und das Schmusen mit dem eigenen Kind.

Dieses Bild erinnert mich an eine Zeit der absoluten Liebe und Innigkeit, die ich in der Form leider nie wieder werde erleben dürfen.
Dieses Bild erinnert mich an drei wundervolle Stillphasen.
Gerne auch “Beziehungen” genannt. Und auch während dieser besonderen Zeiten stieß ich hier und da auf Widerstand, Unverständnis und falsche Verklemmtheit, weshalb mir die Reaktionen einiger Menschen auf dieses mir so lieb gewonnene Bild nicht sonderlich verwunderlich sind!

Dabei hat mir diese Zeit so viel zurück gegeben. Denn das Stillen hat mich verändert. Hat mein Körperbewusstsein und die Einstellung zum eigenen Körper verändert! Denn in meinem Fall bedeutet Stillen nicht nur die Liebe zwischen Mutter und Kind, sondern auch die Versöhnung mit dem eigenen Körper und die Fähigkeit diesen so zu lieben und akzeptieren wie er nun einmal ist.

Als Teenager war ich eine Zeit lang sehr dünn. Weil ich nicht weiblich sein wollte. Weil ich nicht mit den neu entstanden “Rundungen” klar kommen wollte. Weil sie mir fremd war, diese Brust, die nicht mehr zu übersehen war. Weil die Jungs sie nicht mehr übersahen und mich damit hänselten. So empfand ich es zumindest damals, als die “Transformation” begann.
Heute würde ich dies alles allerdings ganz anders interpretieren und zu verstehen wissen!  😉
Und nur um all diese neuen weiblichen Züge wieder zu verlieren,  hungerte ich sie mir wieder weg. Was für ein Bullshit!

Und ich gebe zu, ich lernte meine Brust erst lieben, als ich bemerkte welch Wundervolles ich damit bewirken konnte. Das letztendlich doch alles einen Sinn ergibt. Heute habe ich Respekt vor dem eigenen Körper und allem was jener bislang geleistet hat. Vom netten Nebeneffekt tatsächlich eine Körbchen-Größe weniger erhalten zu haben, ganz abgesehen.

Und ich habe noch so viel mehr erkannt während dieser drei Stillzeiten!

War beim ersten Kind noch alles furchtbar verunsichernd, irritierend und beklemmend, wusste ich beim dritten Kind ganz genau wie für mich das optimale Stillen aussieht und was mich von den Meinungen Anderer NICHT zu interessieren hat!

Ich erinnere mich noch zu genau an die ersten Tage auf der Wochenstation. Damals mit meinem ersten Baby. Völlig verunsichert wie ich war, versuchte ich jedmögliche Hilfe in Sachen Stillen zu bekommen, die sich mir bieten konnte. Und war im Nachhinein mehr als verwirrt. Jede Hebamme,  jede Kinderkrankenschwester hatte einen anderen – sicherlich gut gemeinten- Ratschlag parat. Es überschlugen sich Widersprüche und übrig blieb das verzweifelte Gefühl “das niemals hinzubekommen”.
Denn, und das ist die wichtigste Message:

Stillen erfordert Biss und Durchhaltevermögen!

Gerade in den allerersten Tagen! Und tonnenweise “Lanolin”, versteht sich 😉
Wer’s nicht kennt: Bitte packt es in Eure Klinik-Tasche und schmiert was das Zeug hält! Eure Brust wird es Euch danken!
(Kann Frau eigentlich vom Stillen schreiben, ohne ständig das Wort “Brust” benutzen zu müssen?)
Es tut also weh am Anfang! Und Ihr werdet gefühlt nichts, aber auch gar nichts anderes machen außer Dauer-Stillen. In den ersten Wochen mit Baby.
Aber danach wird alles gut und wunderschön! Glaubt es mir! Und vor allem easy!

Doch auch das musste ich erst lernen. Anfangs machte ich mir hausgemachten Stress, resulierend aus der Meinung und Überzeugung nur zu Hause stillen zu können. Schön mit Riesen-Mega-Stillkissen in vertrauter Umgebung, frei von etwaigen skeptischen Blicken der Anderen.

Wieder Bullshit!
Beim dritten Kind flog das Stillkissen hochkant raus und nach Hause zum Stillen rannte ich schon lange nicht mehr! Denn auch hier, liebe Erstlings-Mamas: Hört bitte auf, Euch verunsichern zu lassen!
Stillen ist selbstverständlich und natürlich und gehört nicht versteckt!
Und das schon mal gar nicht auf’m Klo!

Lasst Euch nicht einschüchtern und packt aus! Und sei es im Restaurant, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass ihr entspannt weiter essen könnt!

Nun, mit der neu gewonnen Freiheit stieß auch ich auf Widerstand.
So trug es sich zu, dass ich doch tatsächlich bei einer Familienfeier im Restaurant gebeten wurde, bitte zum Stillen die Räumlichkeit zu verlassen. Ich habe es NICHT getan. Nochmal verklemmtes Deutschland!!
Was hatte die Person denn erwartet? Dass ich mit dem Löffel an’s Glas klopfe, mich vielsagend erhebe, triumphierend auspacke und alles einmal quer über den Tisch schleudere!?
Nun, für alle Unwissenden, Stillen geht auch dezent! Der Kopf des Kindes versperrt ohnehin den Blick auf alles “Schändliche”.

Doch hat Stillen gewiss auch wirklich nicht ganz so angenehme Seiten. So bescherte mir mein neues “Freestyle-Stillen” beim dritten Kind eine gewaschene Brustentzündung mit hohem Fieber. Die erste für mich. Und warum? Nun, weil ich mir einfach nicht mehr die nötige Zeit und Ruhe dafür gegönnt hatte.
Weil das Stillen nicht mehr innig, sondern nebensächlich wurde.
Das tut mir noch heute leid und hatte mir schmerzhaft beigebracht, diesem, wenn mir damals auch sehr vertrauten Vorgang, doch mehr Beachtung zu schenken.

Vielleicht ist es auch nicht besonders sexy, wenn sich die Still-Einlagen unter dem Shirt abzeichnen oder die Milchbar nach der heißen Dusche unentwegt tropft, aber viel zu schnell ist sie vorbei, diese Zeit. Und die Quelle für immer versiegt.

Verträumt blicke ich noch einmal auf das mir so an’s Herz gewachsene Bild.

Ich wüsste bis heute noch nicht, wie man ein Fläschchen zubereitet, hatten alle meine Kinder doch strikt die Flasche verweigert! Selbst abgepumpte Muttermilch konnte hier nicht punkten. So nahm ich meine Still-Kinder überall mit hin. Was ich damals noch als Einschränkung empfand, vermisse ich ganz klammheimlich ab und an. Diese Innigkeit, das Bündnis zwischen Mama und Kind.

Vielleicht ist es deshalb nicht verwunderlich, dass ich meine kleinste Tochter am Längsten stillte. Ich wusste ja: Das kommt nie wieder! Das endgültige Abstillen kam ganz von alleine und ohne große Probleme mit 16 Monaten. Ich hatte meinen “Mama-Tag” mit dem Großen und war von früh morgens bis spät abends unterwegs. Die Brust war “on tour” und urplötzlich für immer vergessen und uninteressant geworden. Schnief!

Was blieb sind tolle Erinnerungen und eine Brust (schon wieder dieses Wort), die wieder nur mir ganz alleine gehört!
Und ein eigenartiges, für so manchen verstörendes Gemälde, in unserem Wohnzimmer! 😉

Eure 

 

Alex

P.S. Dieser Beitrag macht mit bei der Blogparade “Stillen ist Liebe” vom Krümel-Blog. Danke! Liebe Krümelina für die tolle Inspiration und das in-Erinnerungen-schwelgen!

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Hoffe, dass das im Umkehrschluss nicht bedeuten soll, dass Nicht-Stillende-Mütter keine Liebe für ihre Kinder hätten.
    Das käme dann auch einem Klischee nahe.
    Frauen, die nicht Stillen möchten, können oder sogar dürfen, sind dann schlechtere Mütter?
    Jeden das Seine. Und zum Glück sind meistens die Zeiten vorbei, wo einen selbst die Hebamme das Stillen “aufzwingen”. Zumindest meine Hebamme behandelt die jungen Mütter wie eigenständige, selbstbestimmente Personen.
    Die Hauptsache ist doch eigentlich, dass die Kleinen ernährt werden. Innigkeit besteht da trotzdem. Oder liegen die Kleinen bei der Flasche nicht auch im Arm.?

    1. ..den ersten Teil des Titels habe ich von der Blogparade übernommen 😉
      Auch habe ich hier lediglich meine eigenen ganz persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen geschildert. Zweifellos besteht auch ohne Stillen ein liebevolles, inniges durch nix zu zerrüttelndes Verhältnis zwischen Mutter und Kind! Sollte das anders rüber gekommen sein, so entschuldige ich mich aufrichtig dafür, denn ein Urteilen würde mir hier gar nicht zustehen!! LG Alex

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