Liebes Christkind, ich hätte da einen Wunsch.
Ich weiß, er wirkt vielleicht ein wenig ungewöhnlich und hätte noch vor ein paar Jahren so gar nicht zu mir gepasst.
Und fast kann ich es gar nicht glauben, dass ich Dir hier nun diese Zeilen schreibe!
Wo ich doch sonst immer so viele wilde Hummeln im Hintern habe.
Aber irgendwie tosen die grad gar nicht mehr so wild. Fast scheint mir, als hängen sie mit heraushängender Zunge (haben Hummeln eine Zunge?) zusammengesackt über der Bande und atmen und hecheln schwer.
Zumindest ertappe ich mich dabei, wie ICH das dieser Tage immer mal wieder tue.
Die Hummeln haben ganz schön nachgelassen, sind nicht mehr im Spiel – und ihnen ist schon eine Weile nicht mehr nach wildem Geflatter und Gewusel.
Sie haben nämlich diese eine Vorstellung im Kopf – ICH habe diese Phantasie.
Und fast schon glaube ich, ich bin nicht die einzige Mutter hinter deutschen Wänden, die irgendwie zwischen angebissenen Zimtsternen und Leergutflaschen, alten Socken und gammeligen Kühlschrank-Resten, zwischen Vorbereitungen und den vielen Fragen rund um das Weihnachtsfest DIESEN Gedanken auch schon bekam.
Es liegt irgendwie nur nahe. Und gerade werde ich jene Sehnsucht nicht los.
Ein geheimer Wunsch. Eine Phantasie.
Ja, liebes Christkind, während ich über Biologie- und Mathezetteln hocke und mit dem Kind ob Disziplin und Ordnung hadere und an Übungsaufgaben für die letzten anstehenden Arbeiten verzweifle, hege ich jenen geheimen Wunsch.
Er kommt in mir immer wieder hoch, während ich Seifenspender auffülle und Klosteine nachkaufe und mich über Schlamm, Blätter und Dreck im Hof ärgere.
Er ist da, stehe ich lustlos am Herd um Auflauf zu kochen, der von einem Bruchteil der Familie verschmäht wird – und während ich spätabends Pfannen spüle und Geschirr verräume.
Ich fange an zu Tagträumen während ich die drölfmillionste Taxi-Fahrt starte.
Und ich bekomme hin und wieder ein schlechtes Gewissen.
Weil dieser Wunsch einerseits verlockend – und doch wieder so absurd erscheint.
Her mit der Wellness und Entspannung!
Denn – liebes Christkind – weißt Du, was ich will? Ich will jetzt endlich einen verdammt-verfluchten Wellness-Tag!
ICH!
Mit Massage und allem Drum und Dran.
Sogar MIT Übernachtung!
Ja, das Leben hat mich jetzt soweit. Ich bin jetzt soweit.
Ich möchte einfach meine verflixte Ruhe haben und mich endlich entspannen können!
So richtig, richtig, richtig!
MIT Atmen und Ach und Hachz und Oooh und Aaaah!!!
(Nein, das könnte fehl interpretiert werden)
Mit Duft und Wärme und Aroma-Gedöns und ganz viel Schickimicki-Zeugs, das vielleicht so absolut nichts bringt, mir aber das Gefühl gibt, dass ich verdammt und zugenäht auch etwas wert bin!
Und dass ich ein bisschen Schön-sein und ME-Time und Wellness – und vor allem SCHLAF (!!!) – verdient habe.
Besinnlichkeit? BOARRR EY!!!
Und ganz eventuell – liebes Christkind – nehme ich gerade Fahrt auf und bin von der Tiefen-Entspannung noch ein klitzekleines bisschen entfernt.
Und fange hochroten Kopfes gleich verächtlich an zu schnaufen.
Aber weißt DU was, Christkind!? Ich kann nicht mehr!!!
Warum startet diese “Oh so besinnliche Zeit” immer so verlockend, mit netten Düften und viel betörendem Lichterglanz (oder war es umgekehrt!?) – nur um sich dann doch wieder als die fucking hektischste Zeit im Jahr zu entpuppen!?
Und-jedes-Mal-falle-ich-darauf-herein.
Und außerdem laufe ich doch gleich grün an und wünsche mir fast ein wenig, die Weihnachtszeit läge bereits wieder hinter uns!
(Das geht aber nicht. Denn auf meiner realitätsfernen Wunsch-Liste stehen noch mindestens zwölf Weihnachtsfilme und Plätzchenteller voller Kekse, welche wir aus Zeitgründen aktuell gar nicht backen können. Und in meiner netten Vorstellung ist auch das Haus frisch geputzt und entstaubt, alle Deko-Lichterchen sind mit frischen Batterien versehen und wir machen es uns bei Funkellicht so richtig gemütlich. Am Arsch. Klappt nicht, keine Zeit dazu. Pardon.)
So, Christkind – und nun sehe mal zu, wie Du meinen Wunsch umsetzen kannst!
Meine Bestellung
Ich gebe Dir hier schon einmal eine detaillierte Bestellung auf.
Ich will:
(NEIN, nicht, ich wünsche – ich will, ich will, ich will!!! Und Millionen andere Mütter in Deutschland ganz sicher gerade auch!!!)
Ich will so’n Secret-Escape-Ding.
Am liebsten – oh das darf der Mann nicht lesen und sicherlich und eigentlich meine ich das auch gar nicht so – nur ich ganz alleine.
Ich alleine im Wald (nicht Katzen-werfend in der ranzigen Holzhütte 😉 ) in irgend einem geilen Luxus-Ding.
Mit Blick auf die Berge oder einen See oder irgendeinen anderen Panorama-Blick, der nichts anderes bietet als NATUR und Stille.
JA, Stille!
Ich möchte eine Sauna mit Panoramafenster (Frau, die eigentlich nicht in die Sauna geht) und ich will Massagen (Frau, die eigentlich keine Geduld für Massagen hat) und Schlamm und Treatment.
Überall! (Also fast…dies ist ein Familienblog)
Ich will ein riesen-großes weiches Bett mit ganz viel Platz! Und ich will mindestens acht Stunden Schlaf!
Danach möchte ich so lange trödeln wie ich mag und vor dem ausgiebigen Frühstück eine auspowernde Runde Sport – ohne schlechtes Gewissen und auf die Uhr gucken zu müssen.
(Bleibt die Frage, was das dann für Frühstücks-Zeiten sein sollen 😉 )
Ich möchte Vormittags-Spaziergänge und Zeit, meine zwei Bücher zu lesen, welche ich mir in einem naiven Irrglauben vor Wochen schon bestellte!
Ich möchte Dampfbäder und Indoor-Pools und Ruheräume (Ruhe! JAAA! RUHE!!!!!) und heiße Schokolade vorm Kaminfeuer.
Ich möchte Serien bingewatchen können ohne Unterbrechung und ich möchte mich zum Abendessen hübsch anziehen.
Ich möchte Frau sein und mich verdammt nochmal bedienen lassen – und nach der gepflegten Mahlzeit mit viel Weißwein kein einziges Geschirr selbst anpacken müssen!
Und ich will Cocktails (meinetwegen wieder vorm Kaminfeuer) und funkelnde Sternenhimmel und Polarlichter UND geschlossene Schneedecken!
(Nope. Das geht zu weit, jetzt geht es definitiv mit mir durch.)
Ich möchte den heißen… (Leute! Mach nur Quatsch! Entspannt Euch – ahahaha.)
Schenke mir wenigstens Schlaf!
Und falls Du das alles nicht auf einmal umsetzen kannst, dann lass’ mich wenigstens am Wochenende einen einzigen Tag mal ausschlafen.
Damit ich wieder klar denken und atmen kann.
Und damit die Hummeln nicht so geknickt über der Bande hängen.
Und damit ich nicht mehr so irre Texte schreiben muss.
Lass’ ganz schnell Ferien werden. Bitte. Danke. Ciao.
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