Es musste sich was ändern! Sofort! SO konnte es nicht bleiben. Einer von uns musste jetzt einfach damit aufhören. Entweder der verflucht-triste Novemberregen oder ich mit meiner miesepetrigen, melancholischen Stimmung. Nun, er blieb hartnäckig, der November. Seit Tagen. Und ich? Fühlte mich müde, träge, fett (Ihr wisst schon die Nougat-Happen!), verfroren und so antriebslos.
Jetzt schon! Der Winter hat doch noch nicht einmal richtig begonnen! Das hatte so ein Gefühl von sich-gehen-lassen! Und das wiederum, geht ja gar nicht! Seit zwei Wochen bin ich nunmehr nicht um den See gelaufen. Verdammt!
Gut, ich verbrachte zwar fast jeden Abend, ich korrigiere: jede Nacht um 23 Uhr, vierzig Minuten auf dem Crosstrainer. Aber, das ist nicht das Gleiche! Und das wird mir sicherlich jeder Läufer bestätigen! Jetzt reichte es! Ich wollte frische Luft! Das “Hardcore-Programm”! Kein Netflixen und Schwitzen im Schlafzimmer. Wie sich das anhört….
Nein! Ich wollte Regen im Gesicht, nasse Füsse, ruschigen Waldboden und Zick-Zack-Lauf um Krater-ähnliche Pfützen! Nicht das Luschen-Weichei-Programm! Mutti haut dem Schweinhund eins auf die Mütze! So mein Vorhaben.
Tja, bis zum eigentlichen Lauf sollten sich mir noch ein paar Hürden in den Weg stellen.
Soll ja bloß kein Spaziergang sein der Kampf mit dem Hund!
Zuerst kam mir ein saftiges Steak mit Pommes, zubereitet vom lieben Gatten, in die Quere. “Na super!”, dachte ich mir. Prima Voraussetzungen für einen 6,5 km Lauf. Der Ranzen vollgefressen, Durst und sich noch schwerer fühlen. Aber wer kann da schon widerstehen? Mutti-Kochbanause muss sich Sonntags meist nur an den gemachten Tisch setzen. Wie geil is das bitteschön! Und außerdem: Pah! Das bisschen Sonntas-Essen hält mich doch nicht auf! Viel Zeit zum Verdauen sollte mir jedoch nicht bleiben, denn ich habe mich irgendwie immer noch nicht an die anstehende Winter-Dunkelheit gewöhnt. Es war bereits 15 Uhr! (Ihr wisst wir sind Sonntags spät) Noch knapp 1,5 Stunden dann is Sense mit durch’n Wald laufen.
Im Anschluss sollte die Aktion doch tatsächlich fast auch noch an der, tief im Kleiderschrank vergrabenen, Thermo-Laufhose scheitern! Da ich mich erst seit etwas mehr wie einem Jahr zu den Läufern zählen darf, kaufte ich mir damals nur eine läppische Laufhose vom Tchibo. Ich wollte nicht in diese Falle tappen. Ihr kennt das: voll motiviert von einem neuen Hobby deckt man sich mit diesem ganzen schweine-teuren Profizeugs ein um es dann, nach der Anfangs-Euphorie und den ersten Wehwehchen verrotten zu lassen! Sollte mir nicht passieren. Tja. Scheiß Hose! Scheiß Reißverschluss an der Wade! Ging immer wieder mittig auf! Entweder war’s die blöde Qualität, meine mittlerweile trainierten Stahlwaden (wohl eher nicht) oder der Nougat-Happen zuviel, der da runter gerutscht und am Unterbein stecken geblieben ist. Ich tippe auf die Reißverschluss-Qualität. Was mich eigentlich sehr wundert. Denn ich kaufe sonst gerne Tchibo Sachen. Gerade für die Kinder. Nur in punkto Funktions-Sportbekleidung für Erwachsene scheint’s beim lieben Kaffee-Röster dann halt doch zu hapern. Was also tun? Doch wieder zur Sommer-Laufhose (ebenfalls vom Kaffee-Giganten, aber hier stimmt die Quali) greifen und dennoch der Kälte trotzen! Yeah! Mach ich! Das rockt!
“Aber wäre jetzt nicht noch die Küche aufzuräumen?”, so der -mittlerweile im Bündnis mit meinem Pflichtbewusstsein stehende- Schweinehund. “Das ist doch jetzt Dein Job!” “Und da sind doch noch die zwei Großen, die beide Mathearbeiten schreiben! Ihr müsst lernen!”
Aha! Jetzt hat er auch noch das Mutter-Gewissen in’s Boot geholt! “Schick doch den Klon zum joggen!” Boah! Schweinehund! Nicht jetzt auch noch über meine alten Texte lustig machen!!!
Doch letzten Endes lief ich.
Und lief und lief. Und war frei!
Glücklich, dem Hund den Garaus gemacht und dem Novembergrau ebenfalls eins auf die Mütze gegeben zu haben! Die paar Regentropfen im Gesicht hauen doch die Mutti nicht um. Und sie tat so gut die frische Luft! Die Kinder zu Hause beim Papa. Mutti in Freiheit und endlich wieder Gelegenheit allen negativen Arschloch-Gefühlen davon zu laufen. Auch das will beim Crosstrainern nicht ganz so gut klappen.
Zu meinem Erstaunen sollte ich an diesem verregneten Nachmittag vielen Läufern begegnen, was es nun nicht zu so einer besonderen Sache macht, was ich da jetzt “geleistet” habe. Doch für mich war’s wichtig! Gleich die Schwere der dunklen Zeit zu durchbrechen und dem entgegenzuwirken. Die Antriebslosigkeit im Keim ersticken! Damit bloß nix einreißt und die Laufschuhe nur noch gegen die Cardio-Drinnen-Turnschuhe eingetauscht werden!
Außerdem schlief die Konkurrenz ja auch nicht! Die, in Form des Ehegatten, hatte die Runde schon abgehakt, als Mutti noch friedlich mit der Kleinsten im mollig warmen Bett schlummerte. Der Angeber! Kürzlich auch unter die Läufer gegangen, nimmt er seine neue Leidenschaft sehr ernst. Was mich -zugegebenermaßen- ein wenig stolz auf ihn macht und insbesondere nun umso mehr antreibt! Hah! Hol mich erstmal ein, Papi! 😉
Aber eigentlich wollte ich darüber gar nicht schreiben. Über mich und über’s Laufen. Ursprünglich wollte ich darüber berichten, wie wir alle, die ganze Familie, dem November-Wetter trotzen. Denn es ist wichtig, dass die Kinder raus kommen. An die frische Luft. Abwehrkräfte stärken, Abwechslung bekommen. Ihr wisst selber worum’s geht.
Nur manchmal gehen eben auch wir Muttis die Wände hoch, wenn wir nicht mal Freilauf an der frischen Luft bekommen. ALLEINE! Auch wir sind dann viel friedfertiger und ausgeglichener! Deshalb ist es genauso bedeutsam und wichtig dass auch wir Erwachsenen dem schlechten Wetter standhalten, ob wir dies dann nun mit oder auch mal ohne unsere Kinder tun.
Diese wiederum fanden zum Glück auch ihren eigenen Weg an die frische Luft. Auf die große Wiese vor unserem Haus. Den neuen Drachen ausprobieren. Trotz Regen. Und so kam es, dass trotz furchtbar ödem und nass-kaltem Wetter alle fünf Familienmitglieder letztendlich dem November trozten!
Und jetzt muss ich wieder aufhören zu schreiben. Ich muss die Knatsch-Schuhe der Kinder schrubben. Außerdem muss ich googeln. Nach Profi-Thermo-Laufhosen und Mützen. Der nächste Lauf wartet schon, der Schweinehund rappelt sich schon wieder auf. Bereit, mit Mutti im Herbst-Schlamm zu catchen. Wer wohl das nächste Mal gewinnt?