Ich hatte früher die Sparversion. Vermutlich hatte er nur etwas mehr wie eine Deutsche Mark gekostet. Aber für mich war er das Größte. Jeden einzelnen dunklen Dezember-Morgen. Damals, als noch tatsächlich Schnee in der Vorweihnachtszeit fiel und ich einen Großteil meiner Nachmittage dick eingepackt im Schneeanzug im selbstgebauten Iglu kauerte (ja, SO groß war’s nun auch nicht!) und darin das behutsam aufgehobene, kostbare Stückchen Schokolade verspeiste.
Damals, als es noch keine Kindergarten- und Schul-Zahnärzte (oder rede ich jetzt hier gerade wieder die Vergangenheit schön?) gab und als noch keine Muttis vegane Dinkel-Plätzchen ohne Zucker und Ei zauberten.
Da war er für mich das Allertollste! Der Billig-Adventskalender vom Discounter!
Und heute? Muss alles zelebriert werden! Muss alles groß, beeindruckend und unfassbar teuer sein! Nicht, weil’s meine Kinder so fordern! Nein, weil es ALLE so fordern. So erscheint es zumindest mir. Verbunden mit unvorstellbaren Ansprüchen und Auflagen was ein solch banales Thema wie den Adventskalender betrifft! Denn, es darf ja alles nicht sein! Er darf nicht mit Süßigkeiten gefüllt sein, denn die ernährungsbewusste Mutter von heute versucht ja minütlich den Zucker- und Weißmehl-Konsum des Nachwuchses zu reduzieren.
Er muss die Kreativität fördern und sinnvolle Dinge beinhalten. Er darf nicht gekauft sein, denn das zeugt von der Interessenlosigkeit und Bequemlichkeit der gewissens-resistenten Mutter. Er muss besonders und kostbar sein. Stellt er doch einen weiteren Liebesbeweis gegenüber den Kleinsten dar. Oh Mann! Das nervt!
Die moderne Mutti von heute hat gefälligst zu basteln! Warum denn nicht einen ganzen Advents-Baumstamm? Selbst gefällt! Und stöhnend und ächzend in’s Wohnzimmer geschleppt. Sollte doch für Frau von Heute kein Problem sein. Verziert mit selbst genähten, individualisierten, Säckchen und der biologisch abbaubaren LED-Lichterkette. Natürlich sollte jedes Säckchen gefüllt sein mit Dingen, die von Herzen kommen! Jeden einzelnen Tag! Mit selbst gebackenen Mini-Dinkel-Törtchen, zuckerfrei, verziert mit rosa-goldenem Einhorn-Glitzer-Zucker-Ersatz-Guss oder so…
Wow! Vor meinem geistigen Auge sieht das jetzt gerade phänomenal aus! Muss ich mir eigentlich immer alles sofort vorstellen!? Immer! In jeder Situation? Fragt verschämt die Meisterin des -manchmal nicht ganz jugendfreien- Kopfkinos.
Aber wann hat das eigentlich angefangen?
Und wer war’s? Wer hat bei wem abgekuckt? WO habe ich mir das abgekuckt und meinen Kindern diesen gewissen Anspruch anerzogen? Ich habe sie verwöhnt, ganz klar. Mit ‘nem Schoki-Kalender brauch ich denen nicht mehr anzukommen.
Aber: Ich kaufe dieses Jahr keinen verflixten Lego- oder Playmobil-Kalender mehr! Keine ganze dreimal! Zwanzig Euro mal drei? Da brauch ich keine Weihnachtsgeschenke mehr!
Meine diesjährige Mission: Zehn Euro pro Kind! Das war’s. Drei Mal 24 Säckchen werden mit Grusch im Wert von maximal dreißig Euro gefüllt!
Doch was soll rein?
Tütenweise Süßkram? Nope! Darfst Du nicht Mutti! Machen ja Oma und Opa schon… Was Nützliches! Das wäre toll! Sachen für die Schule! Radiergummis, Haargummis, Haarspängchen, Mini-Notizblöcke, Sticker und Tattoos! Klingt voll süß und verlockend. Einzige Hürde und somit sofort wieder zum Scheitern verdammt: Das klappt unmöglich mit einem 10-Euro-Budget! Todsicher! Wer hat’s schon versucht? Ihr kommt definitv drüber! Könnt ihr gleich wieder die vorhin besagten Fertig-Spielzeug-Kalender kaufen und diese im Schweiße Eures Angesichts auseinander nehmen und sorgfältig in die Säckchen stopfen. Der Optik wegen. So wie ich es die Jahre zuvor tat.
Ich hätte natürlich auch das neue paar Stiefel tatsächlich zurückschicken können, so wie Euch eigentlich angekündigt. Dann wäre möglicherweise das Budget größer gewesen. Aber ich will es dieses Jahr nicht anders! Meine Kinder müssen nicht komplett verwöhnt werden. Immer höhere Erwartungen haben! Schließlich haben meine Füße auch Ansprüche 😉
Da stand ich also doch vorm Lego Regal beim hiesigen Spielzeug Händler meines Vertrauens.
Ich Versager. Ich ideenloser DIY-Ignorant.
Auch das werde ich später wieder bereuen. Dann nämlich, wenn ich Aufbau Anleitungen zerschnippel und nachts um 24 Uhr dreimal 24 Säckchen mit Lego-und Playmobil, gerne auch Puzzle-Kleinstteilen fülle. Aber: Ich habe mein Budget eingehalten! Denn ich kaufte ein 24-teiliges-Katzenpuzzle für die Kleinste sowie je eine 10-Euro-Lego-Packung für die beiden Großen. Wird ja wohl auch auf Säckchen aufteilbar sein. Hah! Was war ich schlau! Wäre nur nicht die Sache mit der blöden Anleitung, welche die Spiel-Spaß-und Spannungs-bedachte Mutter wohl kaum in einem Stück herausrücken kann. Die muss natürlich auch IRGENDWIE auf mehrere Tage aufgeteilt werden. Spannungsbogen ist hier das Zauberwort. Und jetzt schwöre ich! Nächstes Jahr gibt’s Milka und Kinderschokolade! Der Schulzahnarzt will ja schließlich auch verdienen. Sicher hat er auch mehrere Kinder mit hohen Adventskalender-Ansprüchen!
Bald steht das nächste Event an.
Wenn nämlich der alte Dicke kommt. Der mit dem weißen Bart! Eigentlich hab ich ja ein Faible für alte -nicht unbedingt dickbäuchige- Männer. Hey! Ich war früher als Kind unsterblich in Captain Jean-Luc Picard verknallt! Wenn das nicht alles sagt! Wenngleich mir die Affinität für die fehlende Haarpracht heute mittlerweile unerklärlich ist.
Aber der Andere? DER nervt! Ganz davon abgesehen, dass der im feschen Spandex-Anzug nicht annähernd eine solch gute Figur geben würde! Und ja, ich hab ihm damals schon auf’n Hintern gestarrt, dem Jean-Luc.
Bringt außerdem meistens noch seinen Kumpel -aka Knecht Ruprecht- mit, der Dicke in Rot, interessiert sich sowieso nur für meine Kinder und lässt mich im Vorfeld wieder mein armes Mutter-Hirn zerbrechen.
Obergrenze dieses Mal: Fünfzehn Euro pro Kind.
Ihr seht: Wir steigern uns finanziell in Richtung Weihnachten! 😉
Ich muss aufhören zu schreiben. Es klopft an der Tür! Is der Alte zu früh dran? Nee, aber DHL. Es kommt, nett eingepackt im Amazon Päckchen, das verfrühte Nikolaus-Geschenk meines lieben Gatten. Hat er sich selbst geschenkt, um all Euren Spekulationen vorweg zu greifen. SIE klingt so ähnlich wie ich, hört aber dafür auf’s Wort, bereitwillig alle Befehle auszuführen…
“Alexa”, wer zum Teufel braucht überhaupt Advents-Kalender und Nikolaus-Geschenke?
P.S. Für weitere Ideen, Kommentare oder Verbesserungs-Vorschläge zum Thema Adventskalender bin ich sehr dankbar! 😉