Es war ein Satz im Radio, der mich gestern traurig und nachdenklich stimmte.
Eine Aussage, eine Einstellung, die viele Menschen in sich tragen.
Ich schrieb hier schon einmal davon.
“Also ich finde das respektlos. Und dann wäre für mich die Freundschaft vorbei!”
entrüstete sich die Radiomoderatorin im Gespräch mit einem Hörer.
Es ging darum, ob es sich gehört, auf Textnachrichten einfach nicht zu antworten – und wie das Gegenüber sich fühlt, kommt selbst nach Tagen keine Reaktion.
Wie so oft war in der Diskussion umgehend die Rede von Respektlosigkeit und Frechheit und dass es – zumindest wiederholt es sich immer wieder – die Freundschaft wohl nicht wert wäre.
Und dass man eine solche zwischenmenschliche Beziehung besser beenden solle!
Denn schließlich hat man ja noch seinen Stolz – und es nicht verdient, so behandelt zu werden.
ICH sehe das anders!
Ich bin eine Person, die sich “respektlos behandeln” lässt. Immer wieder.
Ich habe mich dazu entschieden.
Denn ich halte diese andere Einstellung für absolut oberflächlich, urteilend, vorverurteilend – und schlichtweg falsch.
Und ich finde, man macht sich in diesem Fall einfach nicht die Mühe, zu sehen und den jeweils Anderen zu verstehen!
Man kennt die Gründe doch gar nicht und weiß nicht, was im Inneren dieses Menschen vorgeht oder gerade in dessen Leben los ist!
Sofort wird die ausbleibende Reaktion persönlich genommen und als Respektlosigkeit und wertlose Freundschaft abgtetan.
Und ich möchte diese Gedanken einfach nicht teilen.
Ich bin oft diejenige, die mehr gibt
Ja, in vielen Fällen bin auch ich einer dieser Menschen, die immer zuerst schreiben und zuerst den Kontakt wiederaufnehmen.
Und ich bin leider auch oftmals diejenige, die nicht sofort eine Antwort bekommt – hin und wieder sogar gar nicht.
Und dennoch bleibe ich bei den Menschen, die ich fühle – und versuche, zu verstehen.
Auch wenn mir selbst dies nicht immer gelingen mag.
Wie geht es mir, bin ich mit dem anderen Menschen zusammen?
Ich finde es viel wichtiger, sich zu fragen, wie es uns geht, sind wir mit der jeweiligen Person zusammen!
Sind wir in diesen Momenten glücklich und bei uns?
Geht es uns dann gut? Ist das Zeit, die unser Leben aufwertet und tun die Gespräche gut?
Fühlen wir Nähe und Verständnis – oder springt der Funke einfach nicht über?
Und solange ich einen Menschen fühle und für diesen fühle und die Begegnungen schön sind, solange beende ich keine Freundschaft!!!
So einfach ist das eigentlich!
Auch dann nicht, wenn WhatsApp-Nachrichten zwar gelesen, aber nicht beantwortet werden!
Viele Menschen haben einfach den Kopf in den Wolken
Bei vielen Menschen und Freund*innen weiß ich sogar mittlerweile, dass sie einfach verplant, zerstreut und schusselig sind – oder einfach selbst den Kopf hin und wieder gefangen in den Wolken haben.
Oder schlichtweg gerade vom Alltagschaos überfordert.
Ich weiß, dass sie in jenen Momenten und Tagen einfach nicht antworten “können“.
Oder – und das geht doch ganz, ganz vielen Müttern so!!! – sie die Antwort einfach gedanklich zurückstellen, auf ein “später“!
Und dieses “später” geht dann einfach im Wahnsinn des Alltags unter.
Ohne böse Absicht.
Man ist in Gedanken sogar oft bei der anderen Person – doch hin und wieder “kann” man einfach nicht schreiben und antworten.
Es gibt viele Gründe, warum sich jemand nicht (immer) meldet
Dieses “nicht können” ist so unfassbar vielseitig, so wie es eben Menschen und deren Gedanken, Empfindungen und Emotionen nun einmal sind.
Es ist nicht fair, diesen Menschen dann auch noch mit einem Kontaktabbruch zu strafen!!!
Oder gar sich selbst!
Denn würden wir uns dann nicht selbst um wertvolle Begegnungen berauben? Begegnungen, die nicht wären, würden wir uns nicht zuerst melden!?
Meldet sich jemand zwei Jahre lang nicht zurück oder lässt es mich offen und ehrlich wissen, dass kein Kontakt gewünscht ist, dann ist es angebracht zu gehen!
Oder aber wenn ich mich in der Gegenwart dieses Menschen nicht mehr wohl fühle, DANN ist das ein Grund, die zwischenmenschliche Beziehung zu beenden!
Aber nicht, weil keine neuen Benachrichtigungen auf dem Handy aufploppen, nur weil wir uns das gerade wünschen!
Manchmal sind Menschen einfach so sehr mit sich selbst beschäftigt oder haben aus tausend unterschiedlichen Gründen einfach nicht die Kraft – oder den Mut (dazu gleich) – sich zu melden!
Ja, ich bin diejenige, die oft gefühlt mehr gibt, mehr schreibt, sich öfter meldet, am Ball und in Beziehung bleibt.
Und manchmal tut mir das sogar gar nicht gut und richtig, richtig weh.
Eben wegen solcher Aussagen wie diese im Radio.
Sie triggern, es sind Messerstiche in Wunden, die auch ich hin und wieder fühle!
Und würde ich mir diese Einstellung vieler Menschen allzu sehr zu Herzen nehmen, was wäre ich dann wohl für eine arme Sau!?
Aber dann frage ich mich eben immer wieder
“Möchte ich diesem Menschen wieder begegnen? Bin ich in Momenten der Begegnung glücklich?”
Und solange da ein JA folgt, gehört es sich nicht, beleidigt zu gehen!
Wunden reißen auf – natürlich! Und dann gilt es STOPP zu rufen!
Aber ebenfalls JA, auch ich fühle mich situativ dann unfassbar klein und unbedeutend!
Werde unsicher und sehe mich selbst als ein Mensch, der es einfach “nicht wert” ist, eine Antwort und Reaktion zu bekommen.
Leider wacht dann in mir selbst nicht selten das kleine, ängstliche Kind auf.
Das Kind, das Angst hat, verlassen zu werden und für Menschen nie gut genug zu sein.
Das Kind, das das Gefühl hat, Menschen kehren ihm den Rücken zu, sobald es sich schält und seine Seele, sein Innerstes, seinen Kern und sein Wesen zeigt.
Und auch das Kind, das sich dann selbst nicht mag und einredet, es hat es eben “nicht anders verdient”.
Und natürlich! Auch ich wünsche mir doch Respekt und Ansehen und dass ich es Menschen WERT bin, gleich zu antworten!!!
Ich möchte mich nicht übersehen fühlen!
Ich möchte nicht, dass ich mich selbst dann immer und immer wieder als das ewige Mauerblümchen sehe!
Die “graue Maus”, der es nicht gelingen mag, rebellisch aus jenem auferlegten Bild auszubrechen.
Weil Nachrichten immer wieder unbeantwortet bleiben.
Ja, es kann sich scheiße anfühlen und man kann sich da richtig, richtig hineinsteigern und sich selbst verachten und fertig machen.
Aber alles nur weil Menschen nicht zurückschreiben?
Menschen, die uns in der Begegnung aber gut tun?
Was bringt mir der Gram, außer dass ich mich selbst fertig mache?
Und so muss auch ich mich immer wieder zwingen, hier gedanklich ganz laut Stopp zu rufen – und jene selbst geiselnden Gedankenschleifen zu durchbrechen.
Sind wir selbst denn besser?
Doch diese Arbeit am eigenen mindset lohnt immer wieder – und Freundschaften bleiben bestehen und Momente der Gemeinsamkeit sind dann wunderschön!
Und auch muss ich mich selbst an die eigene Nase packen und kann daher verstehen und mitfühlen!
Denn auch ich bin ein Mensch, der nicht antwortet. Der sogar hin und wieder ghosted.
Ich knicke ein und weine, fühle ich mich ignoriert, übersehen und nicht wichtig – und muss mich dann immer wieder zusammenraufen und mir derartige Gedanken verbieten.
Und gleichzeitig bin auch ICH dieses Gegenüber. Der andere Mensch.
Der Mensch, der nicht antworten “kann“.
Ich entziehe mich Situationen und Entscheidungen, die mir ungangenehm sind, in dem ich einfach nicht antworte.
Das ist von mir genauso wenig fair!
Und ich wünsche mir, dass ich dadurch nicht gleich Menschen verliere!
Lasst mich gerne ein Beispiel nennen, welches mich seit Wochen belastet.
Denn solange habe ich nicht auf eine Sprachnachricht geantwortet.
Nicht etwa, weil ich die Person doof finde oder nicht wiedersehen möchte oder mir hier gar Respektlosigkeit anmaße, sondern weil ich gerade Angst habe, offen und ehrlich zu antworten.
Eine Freundin, die ich noch nicht allzu lange Zeit kenne, hat mich eingeladen, sie am Pfingstwochenende zu besuchen. Über Nacht.
Ich selbst war überwältigt, dass ich diesem Menschen so viel bedeute und sie den Kontakt weiter aufrecht erhält – ist eine Freundschaft noch so frisch und die Entfernung groß, ist es schließlich auch ein Leichtes, einfach alles wieder einschlafen zu lassen.
Und die Vorstellung fand ich auch ganz nett und vor allem freue ich mich auch darüber, nach Jahren der Mutterschaft auf einmal wieder viele neue Freundschaften zu finden und alte wiederaufleben lassen zu können.
Ich freue mich, Zeit für mich zu haben und aus dem Alltagsrad hin und wieder ausbrechen zu können.
Nur möchten Bauch und Herz nicht schon wieder von meiner Familie wegfahren.
Rom mit der liebsten Freundin war wundervoll!!!
Aber auch so lange wie noch nie zuvor. Dann kam das Reiterwochenende mit der Jüngsten und die vielen Dienstreisen des Mannes.
Ich habe aktuell das Gefühl, meine Familie ist ein wenig auseinandergerissen, hin und wieder in alle Himmelsrichtungen verteilt und viel Zeit zu Fünft oder gar für die Partnerschaft bleibt aktuell nicht.
Mein Herz wiegt schwer, bei dem Gedanken, wieder wegzufahren – ich fühle es einfach gerade nicht.
Kurzum, ich mag eigentlich lieber bei meiner Familie bleiben, weil Feiertage und Wochenenden grad heilig sind, weil hier mein Platz ist.
Da ich aber die Freundin nicht mit meinen Gedanken und Emotionen vor den Kopf stoßen will, habe ich bis jetzt (!!!) nie geantwortet.
Und ich kann es verstehen, sollte sie sich ziemlich verletzt fühlen.
Ich sollte es jetzt einfach mit der Wahrheit versuchen und endlich zurückschreiben. 🙂
Aber – was ich damit sagen möchte – oftmals sind es einfach auch solche Gründe, warum Menschen nicht antworten.
Weil sie nicht wissen, wie jene Gedanken in Worte zu fassen.
Oder es sind unendlich viele andere Gründe!
Wir-kennen-sie-im-Zweifel-einfach-nicht.
Seid milde zueinander, bleibt & hört auf Bauch und Herz!
Eure
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