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Meine Kinder, ihre Bedürfnisse & ich

“….an diesem wunderschönen sonnigen Tag….”
tönt die nervig freundliche Stimme aus dem Lautsprecher des Discounters. Der, der sogar über einen eigenen Radiosender verfügt! Und welchen ich am frühen verflucht-ätzend sonnigen Morgen nur allzu schwer ertragen kann! Glaubt mir, würde mir dieser dämliche Grinse-Typ jetzt vor die eigene Visage treten, ich könnte für nix garantieren! Ich gehe jedenfalls schwer davon aus, dass er – völlig auf Droge- vor sich hin grinst, während er seinen fröhlichen “Shopping-ich-geb-Dir-heute-die-besten-Ratschläge-Singsang” herunter rattert! 

“…ganz sicherlich werden auch Sie heute Nachmittag noch einmal die Stühle auf der Terrasse zurechtrücken wollen, um die letzten warmen Sonnenstrahlen zu genießen”

Boah! Echt jetzt!?
Und beinahe ertappe ich mich dabei, wie sich die eigene Hand nur ein klein wenig, so’n klitzekleines bisschen, gedanklich zur Faust ballt, während ich mit der Anderen die Einkäufe auf’s Band lege. 😉 

ICH werde heute Nachmittag keine Sonne genießen!

Weder im Freibad, das tatsächlich noch ein paar Tage geöffnet hat, und schon einmal gar nicht auf der eigenen Terrasse!

Ich werde wieder verzweifeln und insbesondere an mir selbst und den eigenen Fähigkeiten zweifeln.

Diesen Nachmittag. So viel sei gewiss!
Ich werde rotieren, dabei in’s Stolpern kommen und fast scheitern.

Bei dem Versuch, allen Bedürfnissen von drei Kindern an nur einem einzigen Nachmittag gerecht zu werden!

Und doch versuche ich es immer und immer wieder. Möchte mein Bestes geben und für jedes einzelne Kind mit vollster Aufmerksamkeit und Konzentration da sein!
Ein nahezu unmögliches Vorhaben! Denn es ist so verdammt schwer.
Es ist ein täglicher Spießruten-Lauf, drei Kinder unterschiedlichen Temperaments und insbesondere unterschiedlichen Alters und Klassenstufen bzw. sogar Schulformen gerecht zu werden!

Hinzubekommen, dass mir nix entgeht, alle Kinder eine Spitzen-Mutter haben und durch Förderung, Bildung und Aufmerksamkeit reifen und zu klugen, wunderbaren Menschen werden!
Nun beides sind sie auch jetzt schon, so viel steht fest. Doch benötigt jedes Einzelne von ihnen die verlässliche Hand, die sie führt und begleitet. Durch die Kita-Zeit, Grundschulzeit und jetzt eben auch durch die Anfangszeit auf dem Gymnasium.

Alle Drei brauchen eine Mutter!

Eine, die nie müde, immer wachsam und mit vollster Konzentration die Kinder durch’s Leben begleitet und nichts versäumt und vermasselt.
Die niemals zu sehr mit ihren eigenen Problemen, Sorgen und Gedanken beschäftigt ist, so dass ihr etwas erst dann auffällt, wenn es schon fast zu spät ist!
Eine Mutter, die sich niemals von den Anderen ablenken lässt, sitzt sie gerade vertieft mit einem der Kinder zusammen.
Eine Mutter, die spielt, albert, bastelt, lacht, tröstet, schmust, lernt, Taxi-fährt, Hobbies fördert, gesund kocht, geduldig ist und immer Zeit und ein offenes Ohr hat.

Ach ja und ganz nebenbei sollte ich vielleicht ab und an noch an die Bedürfnisse des Gatten denken und um das ganze im Optimal-Fall abzurunden auch an die Eigenen!

Nun, ich bin gefühlt meilenweit davon entfernt, dies alles perfekt zu meistern und zu vereinen! 

PicsArt_09-12-05.39.46Der Sohn braucht gerade in der Anfangszeit auf dem Gymnasium meine vollste Unterstützung und Aufmerksamkeit. Er benötigt eine Mutter, die darauf achtet, dass Hausaufgaben erledigt und Wochen-Arbeiten richtig eingeteilt werden. Solange, bis er sich dies alleine angeeignet hat. Eine Mutter, die ihn daran erinnert, zu lernen, mit ihm Mathe übt und Vokabeln abfragt. Und dies jeden einzelnen, verdammten Tag!
Eine Mutter, die stringent darauf achtet, dass die Playstation erst nach Erledigung sämtlicher Aufgaben läuft! Eine Mutter, die dafür Sorge trägt, dass der Sohn sich in Sachen Schreibschrift übt und nicht in der weiterführenden Schule an der dämlichen vereinfachten Ausgangsschrift (Pardon! Aber is so!)  scheitert.
Weil Jungs einfach nicht schön und schnell gleichzeitig schreiben können! Weil er so aber möglicherweise Fehler angestrichen bekommt, die eigentlich gar nicht da sind!

Wäre mein Sohn ein Einzelkind:
Ich könnte all’ dies sicherlich ganz einfach umsetzen.

Aber während ich dies alles heute Nachmittag versuchen werde, sind noch zwei andere Menschen im Haus. Mit Sorgen und Bedürfnissen! Mit Langeweile und Hausaufgaben. Mit Arbeiten, für die gelernt werden muss.

Parallel muss ich also ebenfalls darauf achten, dass die mittlere Tochter natürlich auch ihre Hausaufgaben erledigt. Ich muss mich durchsetzen und ihr verständlich machen, dass ich zwar gerne mit ihr lerne, aber nicht komplett während der Hausaufgaben Händchen-haltend daneben sitzen kann! Denn ich springe ja schon von Schreibtisch zu Schreibtisch! Ich muss auch hier darauf achten, dass mir die Tochter nicht von der Leine geht, um an eben selbiger irgendwelche Nachbarschafts-Hunde auszuführen!
Bevor sie ihre Hausaufgaben alle erledigt hat!

Ach ja, und die Kleinste ist auch noch da.

Das arme Kind, welches aktuell neben dem samstäglichen Reiten keinem eigenen Hobby nachgehen kann. Weil ich zu sehr mit den beiden Großen beschäftigt bin.
Und dies zerreißt mir das Herz!
Geistige an mich gerichtete Notiz:
Nach diesem Text die Nummer von der Tanzschule heraussuchen! Dringend!
Die Kleinste, die auch Beschäftigung braucht, gerne mit mir Pferde spielen möchte, während ich den beiden Anderen bei den Schularbeiten helfe! Ich werde ihr wohl sehr viele neue Malbücher organisieren müssen und diese tollen bunten Glitzer-Sticker-Hefte. Oder mir “Hausaufgaben” für sie ausdenken. Alles nur, damit auch ein klein wenig die Bedürfnisse dieses wunderbaren Mädels beachtet sind und sie sich nicht verloren fühlen muss. Während der Lernzeit mit den Großen.
Später wird sie dann wieder mit ins Auto müssen, wenn ich den Bruder zum Fussball-Training fahre.
Und wieder wird mich dann mein mütterliches Gewissen zerreißen, weil dann wieder zwei Kinder in der vorherrschenden Situation mit ihren ganz eigenen Bedürfnissen nicht beachtet werden können.
Weil bei drei Kindern jedes täglich mehrmals zurückstecken muss!

Weil mir mindestens ein Kind täglich leid tut!

Weil ich nicht weiß, wie ich mich aufteilen soll und kann! Weil ich die ultimative Lösung noch nicht gefunden habe, wenn ich im Alltag mit den Kindern ganz alleine zu Hause bin!

Und ich beginne zu verstehen, was mit all’ diesen altklugen Weisheiten der “Älteren” gemeint war. Diese damals nervtötenden und wenig aufmunternden Aussagen
“dass zwar alles anders, aber nix besser wird”.
Im Gegenteil! Die Probleme werden beinahe ein bisschen komplizierter, die Tragweite und Auswirkungen deutlich höher!

Zwar muss ich mir nun keinerlei Gedanken mehr machen, was Themen wie die Verdauung meines Babys, Beikost-Einführung oder gar Windel-Soor betrifft. Damals alles wichtige Dinge, die bei Nichtfunktionieren Mutter an den Rande der Verzweiflung und des Nervenzusammenbruchs katapultierten! 😉
Heute wünschte ich mir jene Problemchen herbei! Was würde ich darum geben, mir über nix Anderes als grüne Säuglings-Kacka Gedanken machen zu müssen!
Sorry dafür, liebe Neu-Mamas! Ich war auch dort, wo ihr gerade seid und ja, das sind echte Probleme! Und es macht fertig, unglücklich und raubt den Schlaf.
Doch ich erlaube mir jetzt, als die “Ältere”, einmal die Arroganz und verweise auf die eben zitierte Aussage…

Wenigstens ist es mir in den letzten Monaten ein klein wenig gelungen, die Stimme des Haushaltes zu überhören.

Der schreit nicht mehr ganz so laut wie früher. Der wird nebenbei erledigt und abgehakt. Weil es die Dinge so erforderlich machen und ich es nicht mehr zulassen kann, dass mich Wäscheberge und staubige Regale aus der Ruhe bringen! Weil ich noch andere Aufgaben habe, die ich erledigen muss. Dinge, die ich Vormittags primär erledigen muss. Wenn die Kinder aus dem Haus sind und ich mich nur dann konzentrieren kann. Dann bereite ich meine Schul- und Kita-Englisch-Kurse vor, erledige lästigen Papierkram und arbeite von Herzen gern an diesem Blog.

Und habe zumindest wenigstens eines meiner ganz eigenen Bedürfnisse dabei erledigt.

Die irgendwo ganz hinten, tief verborgen im Unterbewusstsein auch noch existieren! Wenn die Mutter einmal beiseite geschoben wird und nur noch der Mensch da ist.
Dann habe auch ich Bedürfnisse! Die dürfen ruhig ganz unten auf der Liste stehen, sollten aber niemals komplett gestrichen werden!

Denn nur so kann ich letztendlich auch als Mutter funktionieren!

Es soll diese Woche noch schön bleiben.
Nun, ich werde sicherlich nicht die Terrassen-Möbel zurecht rücken.
Doch im Regal stehen niegel-nagel-neue Laufschuhe. Geschenkt vom Gatten.
Der, der zwar die Tage wieder außer Haus weilt, aber eigentlich ja auch noch zu befriedigende Bedürfnisse hat!
Am vergangenen Wochenende habe ich diese bereits ausgiebig ausgetestet.
Also die Laufschuhe 😉

Es war wunderbar! Und wer weiß, vielleicht mag es mir ja morgen früh gelingen, auch einmal die Liste von unten nach oben abzuarbeiten.
Nur ich, die neuen Laufschuhe, der Morgentau und der See!
Vor den Hausaufgaben, vor dem Kita-Kurs und vor allem, was da noch so kommen mag.

An “einem so wunderschönen sonnigen Tag”. 

Haltet alle durch und ganz liebe Grüße!

Eure

Alex

 

P.S. Werbung für die Bedürfnisbefriedigung:
Nach dem Schreiben dieses Textes geht es mir jetzt besser! Der Typ vom Discounter mit der roten Farbe und dem gelben Punkt sollte mir dennoch nicht unter die müden Augen kommen! 😉 

 

 

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Hallo Alex, ich kann mit dir mitfühlen. Ich habe gestern erst zu meiner Freundin gesagt, ich weiß manchmal gar nicht wo mir der Kopf steht. Sehr sehr pünktlich Feierabend machen, dann zur Schule eilen. Den Jüngsten abholen. Ihn seine Freizeit lassen, dann Hausaufgaben machen, lernen. Dann kommt die Große aus der Schule. Und das ganze Spiel geht von vorne los. Danach wollen Sie zum Basketball, Schach, Roboterkurs. Und am liebsten noch einiges mehr ..Und dann wollte ich ja auch noch ins Fitnessstudio oder ein Buch lesen oder einfach nur mal entspannen.
    Ich fühle mit Dir.Aber es ist trotzdem eine schöne ( andere) Zeit. Später, wenn sie älter sind und uns nicht mehr benötigen, sehnen wir uns danach zurück gebraucht zu werden 🙂
    VLG

    1. Das stimmt!! Besser so, als alt und vergessen im Altersheim Fensterbilder basteln 😉
      Danke für Deine lieben Worte! LG, Alex

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