Freitag, 06.12.2024. Es hätte viele Gründe geben können, um zu verhindern, dass ich am frühen…
Wenn Mutti in Erinnerungen schwelgt, vom Fernweh & geliebten Metropolen
Es sind Tage wie dieser. Diese grauen, tristen Novembertage. Wenn sich der düstere , grieskrämige Herbsthimmel in all seiner Ungnade zeigt und ich beim Blick nach draußen nur eines sehe: Felder und Wiesen überzogen von zähen Nebelschleiern. Ja, er könnte fast aus irgendeinem melancholischem Gedicht stammen, dieser Anblick. So im Droste-Hülshoff-Style. “Der Tag, der nur halb die schweren Wimpern lichtet” und so weiter. Ich weiß, das klingt jetzt depressiv. Aber so ist einfach gerade die Stimmung und darin möchte ich mich suhlen 😉
Es sind auf jeden Fall diese Momente, da ertappe ich mich dabei wie ich sie vermisse. Die alte Zeit. Nein! Nicht mein altes Leben und schon einmal gar nicht mein altes Ich! Denn ein Leben ohne meine Kinder? Mittlerweile unvorstellbar! Die herzallerliebsten Quälgeister möchte ich um nix in der Welt mehr missen! Aber es ist ein Teil der Vergangenheit, der mir fehlt. Jetzt gerade, in der ländlichen Einöde und November-Schwere. Eine bestimmte große Liebe.
Eine Stadt, ein Ort, der seit jeher ein Stückchen meines Herzens gebunkert hat und never ever wieder herausrücken möchte. Das muss ich mir schon selbst wieder holen. Hoffentlich ganz bald. Zusammen mit den mir vier liebsten Menschen auf Erden. Die aktuell alle nicht im Haus sind. Die Kinder sind mit Oma und Opa auf dem Rummel, Karussell fahren.
Und so nehme ich mir etwas Zeit. Zeit ein bisschen in Erinnerungen zu schwelgen und das alte Fotoalbum durchzublättern.
Toronto, Du fehlst mir!
Ich hatte Euch in einem anderen Text davon berichtet, welch bedeutende Rolle die kanadische Metropole in meinem, in unserem Leben spielt. Sie ist mir nun mal ans verweichlichte Mutter-Herz gewachsen.
Was war es schön, als mein Mann, damals noch “nur” mein Freund, Downtown “Torono” lebte. Im 13. Stockwerk direkt gegenüber vom heutigen “Sony Centre for the Performing Arts” und der “Old Spaghetti Factory”. Es war eines dieser möbilierten “Condos” und ziemlich teuer. Aber: Wir waren mitten drin im Leben und einer wunderschönen Großstadt! Und ich sollte schnell Freundschaft schließen mit der kanadischen City, die so viel Charme versprüht. Eine Großstadt und doch ganz ruhig. Sauber. Ästhetisch. Sicher. So durfte ich es zumindest damals -während meiner vielen Besuche- erleben.
Einmal in der Woche gingen wir in in der “Nachbarschaft” im “St. Lawrence Market” Bio-Lebensmittel kosten und shoppen. Eine Markthalle mitten in der Großstadt, welche die großartigsten regionalen Köstlichkeiten zu bieten hat.
Da es im Winter bitterkalt werden kann besitzt Toronto etwas ganz Einzigartiges: “The Path”. Kilometerweit lässt es sich hier unterirdisch im Warmen spazieren gehen und shoppen! Überall laden dort Food-Courts zum Rasten oder Mittagspause-verbringen ein.
Ich erinnere mich an lange, faszinierende Spaziergänge durch China-Town und nicht weniger lange Nächte in Torontos Clubs 😉 Was hatten wir gefeiert, damals im “Easy & the fifth”.
Selbst von oben durfte ich meine Herzensstadt bewundern, mit einem Rundflug über Downtown mit Ziel Toronto Islands. Diese wiederum sind so etwas wie das Naherholungsgebiet mit Blick auf die Skyline und wunderschönen Stränden! Schnell und bequem von der Waterfront mit der Fähre erreichbar. Wenngleich sich der Lake Ontario auch nicht zum Baden eignet, so lässt es sich hier im Sommer wunderbar verweilen.
Wie schon in einem anderen Text berichtet, lernte ich auch sämtliche Vororte Torontos kennen, als da wären Mississauga, Oakville, Burlington, Brampton, oder Hamilton. Denn dort leben noch immer unsere Freunde.
Es gibt noch andere tolle Städte auf der Welt? Mutti soll aufhören zu schwärmen? Sicherlich! Doch für mich bleibt’s eben diese eine!
Wir waren einmal in New York, mein Mann und ich.
Mit dem Amtrak sind wir damals von der Union Station in Toronto zehn lange Stunden zur Grand Central Station in New York City gefahren. Warum so lange? Nun, die Amis hatten es damals sehr genau genommen. Mit der Grenzkontrolle. Doch was soll ich sagen. Es gefiel mir einfach nicht. New York is not my favourite city. Überall diese Häuserschluchten, die es der Sonne nur schwer ermöglichen den Boden zu erreichen. Überall Schatten. Und ich verbinde leider Regen mit New York. Sehr viel Regen. Denn wir hatten Pech mit dem Wetter. Nahezu sintflutartiger Regen, der ganze Sturzbäche die Straßen Manhattans herunter jagte. Und ich denke an Wind und Wellen, die gegen Liberty Island peitschten. Und mitten drin: Wir im Kopf der Freiheitsstatue. Wir sollten an diesem Tag auch die letzten Besucher des Wahrzeichens sein, kurz danach wurde weiteren Besuchern der Zugang wegen des Sturms verwehrt.
Außerdem denke ich an Schimmel und ein furchtbar, filmreif-ranziges Hotelzimmer beim Gedanken an NYC. Ist ja bekanntlich normal dort und nennt sich dann Mittelklassehotel. Aber es lag zentral, direkt am Madison Square Garden. Also will ich nicht meckern.
Leider unvermeidbar verbinde ich beim Gedanken an New York ebenfalls Kotzen. Fürchterliches Kotzen. Irgendetwas muss ich mir damals in einem dieser unzähligen Selbstbedienungs-China-Imbisse geholt haben. Einen Tag später, auf unserer Rundreise, mittlerweile mit Canadian Rail in Montreal eingetroffen, fand er zumindest dann statt: Der Exorzismus der Alexandra L. Ich wollte sterben. 😉
Verlassen wir also gedanklich lieber wieder die schlaflose Stadt.
Ich sollte jetzt sowieso aufhören, in Erinnerungen zu schwelgen. Diesen Teil des alten Lebens zu vermissen. Denn jetzt bin ich eine Mama. Eine Mama, die glücklich mit ihren Kindern im ländlichen Hessen lebt. Toronto? Würde als Lebensmittelpunkt aktuell nicht zu uns passen. Vielleicht tut es das irgendwann wieder. Wer weiß. Aber nicht im Moment. Und deshalb Schluss jetzt! Mit dieser fürchterlichen Melancholie! 😉
Die Kinder sind mittlerweile wieder eingetroffen und lassen das Mutterherz erneut erweichen. Denn sie haben mir etwas mitgebracht. Vom Schießstand auf dem Rummel. Und DAS, das zählt mehr als alles andere auf der Welt und ist bedeutender als die coolste Metropole Ontarios. Sie schenkten mir tatsächlich folgendes:Wie kann ich da nicht zutiefst gerührt und glücklich sein? Vorsicht! Jetzt wechsel ich von depressiv zu schleimig: Ich bin reich! Denn ich bin umgeben von Menschen, die mich lieben und die ich über alle Grenzen und Meere dieser Welt ebenfalls liebe! Und zwar einmal quer über den Globus! Mit ‘ner extra Schleife über Toronto. Und noch bis zum Mond und zurück!
Und jetzt mache ich uns allen einen warmen Kakao. Und schick das hübsche neue paar Stiefel wieder zurück. Geld sparen. Für’s Flugzeug. Denn drei mehr oder weniger kleine Quälgeister warten nur darauf, sie auch mal kennenzulernen. Die große weite Welt. Und Mamas und Papas zweite Herzens-Heimat 😉
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