Wenn ich Eines im Laufe der letzten Jahre Mutterschaft gelernt habe, dann ist es, Gelegenheiten…
Meine Hetzjagd zur Besinnlichkeit
Ich bin mal wieder am Wäsche zusammen legen. Da fällt mir ein, was ich jetzt eigentlich stattdessen dringend machen müsste! Denn:
Ich habe nur noch zwei Tage!
Zwei verflucht läppische Tage um erneut auf den Dachboden zu kraxeln, dort in der Weihnachtsecke nach Kugeln, LED-Sternen, Holz-Weihnachtsmännern und dem ganzen anderen Grusch zu suchen. Glitzernder Krimskrams, den ich spätestens vier Tage nach dem heiligen Fest nicht mehr sehen kann.
So viel ist sicher. Isses jetzt noch romantisch, SO besinnlich und gemütlich kitschig , verwandelt sich das ganze Gerümpel kurz nachdem der weihnachtliche Glanz verblasst und der Braten verdaut ist, nachdem sich der letzte Plätzchenduft veflüchtigt hat, in überflüssigen Müll. “Schrott” und “Klimbim”, der alsbald wieder den achttausend Kinderschuhen da oben auf dem knarzigen Boden “Gute Nacht” sagen darf. So spielt es sich zumindest alle Jahre wieder im mütterlichen Hirn ab. Erst musses schnell bei, dann wieder in ähnlicher Überschallgeschwindigkeit weggeschafft werden. Weiber halt.
Apropos Plätzchenduft: Ich frage mich nun, wo der eigentlich herkommen soll. Besonders eilig hatte ich es zumindest noch nicht gehabt mit der vorweihnachtlichen Stimmung und dem harmonischen Teig-Geknatsche zu Rolf Zuckowski’s Weihnachtsklassikern. “Macht Euch bereit, macht Euch bereit”… Mist! Ich bin wirklich so not die Vorbild-Mutti. Noch lange nicht bereit, immer im Wettlauf mit der Zeit und deshalb aktuell noch null Sinn für’s Besinnliche. Das muss ich ändern!
Vielleicht könnte mir hier ja jetzt “Alexa” von Nutzen ein: “Alexa, erinnere mich bitte morgen, übermorgen und an sämtlichen darauffolgenden Tagen. Gute Mütter müssen Plätzchen backen! Unmengen davon.”
Klar gibt die blöde Kuh jetzt keinen Mucks von sich. Muss ich mich eben auf Kind 1,2 und 3 verlassen. Die werden schon die kollektive Backzeit, die sich für gewöhnlich innerhalb von fünfzehn Minuten in eine “Mommys-only” Backzeit wandelt, einfordern. Mehrfach.
“Alexa” heißt jetzt übrigens “Computer”! Weshalb sie auch eben nicht auf meine liebreizende Aufforderung reagierte. Ich konnte es einfach nicht ertragen. Jedes einzelne Mal musste ich zusammenzucken wenn ein Familien Mitglied anstimmte: “Alexa….”
Mensch! Stäändig will einer was von mir! Immer muss ich was machen! Wie sollte ich es da also auseinander halten ob denn nun “Alexa”oder “Alex” gemeint war?
Selbst im Traum ertönte die Stimme des Gatten: “Alexa….“ “Ja! Is gut! Bin da! Bereit und willig zur Stelle!“Wie anstrengend!
Noch schlimmer: die minütliche Aufforderung des Nachwuchses: “Alexa zerstöre dich“. Weil‘s sooo witzig ist. “3,2,1 Boom.” Als hätten die noch nie die wahre Alexa… explodieren gehört!
Doch zurück zum Thema. Erinnert Ihr Euch daran wie ich prahlte DIE Lösung in Sachen Adventskalender gefunden zu haben? Nun, ich habe noch keines der Lego- und Puzzle-Päckchen seit dem auch nur angeschaut, geschweige denn einen von drei Adventskalendern -wahlweise aus Jute- oder Filzsäckchen- aufgehängt. Bei dem Gedanken an diese noch bevorstehende Nacht- und Nebel-Aktion könnte ich glatt wieder in Schnappatmung verfallen. Was bin ich für eine Mutter!? Nie Zeit! Nur Termine! Immer alles auf den letzten Drücker!
Und erst der Kranz! Muss ich einfach nur schnell kaufen? No Way! Schon mal geguckt wie teuer die beim Blumenhändler sind! Nein! Mutter macht selbst! Eine eigens dafür ausgedachte Kreation aus Metall (bloß kein Grünzeugs) Kugeln, Schleifen & Co. Noch ‘ne weitere Dreiviertelstunde im Namen der Besinnlichkeit. Zum Kerzen-Anzünden werden wir ohnehin kaum kommen.
Was ist noch zu tun? Überlege ich beim Socken zusammenrollen.
Ich könnte noch Weihnachtskugeln in sämtlichen Vasen des Fünf-Personen-Haushalts verstecken um die letzten davon lange nach dem Dreikönigstag wieder zu finden. Wie es sich für eine anständige Housewife aus Suburbia gehört, wären da ebenfalls noch die Haustüre festlich zu dekorieren und diverse Papp-Leucht-Sterne aufzuhängen. In Anbetracht des dafür notwendigen Extra-Zeitaufwandes hab ich schon jetzt keinen Bock mehr zu dekorieren.
Tja, Muddi…Irgendwie holt sie mich immer ein, die Vorweihnachtszeit und die Sache mit der Besinnlichkeit. Denn die will sich einfach nicht mehr einstellen. Schon ein paar Jahre lang nicht mehr. Immer zu viel zu tun. Termine, die jeden Raum für Gemütlichkeit, für die Gemeinsamkeit beim Kerzenschein rauben.
Was eigentlich sehr schade ist, denke ich, während ich das nächste Teil aus dem Wäschekorb fische:
Eine Laufhose in sexy schwarz. Nicht meine. Denn:
Mein Mann läuft neuerdings. Und ich lege drei Winter-Laufhosen, vier Sport-Funktions-Shirts und Lauf -Pullis zusammen. Rolle Kompressionssocken und verstaue Mützen. Alles in mehrfacher Ausfertigung. Was hat der vor?
Ich besitze Tchibo. Exakt jeweils eine Sommer- und Winter-Lauf-Garnitur. Denn bei mir sieht das so aus: Nach dem Laufen schäle ich mir die verschwitzten Klamotten vom Leib. Direkt vor der Waschmaschine. Schnellprogramm ist hier das Zauberwort. Und hoffe, dass nicht genau in diesem Moment der Paket-Zusteller meines nackten Vertrauens an die Türe klopft! Oder der dickbäuchige weißbärtige Alte in Rot. Für dieses Event habe ich im Übrigen auch noch keine Idee. Außer, dass Nackigsein nicht unbedingt Teil des Vorabend -Programms (da kommt der meistens mit seinem Knecht vorbei) sein sollte.
Mittlerweile bin ich bei den Kinderunterhosen angekommen.
Unweigerlich muss ich mich an die Adventszeit meiner Kindheit zurück erinnern. Jeden einzelnen Abend vom 01. bis zum 24. Dezember saßen mein Bruder und ich mit den Eltern bei Kerzenschein am Tisch und lauschten einer vorweihnachtlichen Geschichte. Meist ging es darum, Gutes zu tun, an Andere zu denken, bescheiden zu leben und zu helfen. Sie hatten mich immer irgenwie fasziniert, diese Geschichten. Ob es noch existiert, dieses Buch? Vielleicht könnte ich es ausleihen? Ich muss unbedingt mal anrufen. Es kam von der Kirche, das weiß ich noch, ist vermutlich ziemlich katholisch angehaucht. Aber was soll’s. Ich fand es schön damals. Ob’s nun an der katholischen Erziehung lag oder nicht. Doch haben meine drei evangelisch-getauften Kinder nicht auch ein bisschen Ruhe und Auszeit vom Alltag verdient? Ob ich mit diesem Buch meine Kinder “erreichen” könnte? WO hatten meine Eltern die Zeit für so etwas hergenommen? Sicher geht keine der Geschichten länger als zehn Minuten und vielleicht muss ich es einfach nur aufrichtig und ehrlich wollen. Das “Zwangsvorlesen” beim Kerzenschein. Ein Versuch ist es wert. Mein Beitrag zur Besinnlichkeit.
Doch ich muss schnell sein! Die Zeit drängt. Hastig und im Sauseschritt, verschwitzt und keuchend düse und hetze ich in Richtung Besinnlichkeit. Direkt die Himmelstreppe zum heiligen Dachboden hinauf (schon wieder). Weihnachts-Deko-Gedöns zusammensammeln.
Noch zwei Tage….
Schnell lege ich die letzte Wäsche in den Korb.
Denn den brauche ich gleich. Wenn die Klamotten in allen Schränken verstaut sind. Wofür ich den brauch? Für den Glitzer-Grusch. Ja! Ich habe nun Großes vor! Und voll-muttiviert geb’ zur Abwechslung mal ICH Befehle:
“Alexa” ääh “Computer” mach mir den Zuckowski! Rauf und runter! Sofort!
Nachtrag:
Gefunden! Nicht bei Oma und Opa, aber bei Amazon. An den Titel konnte ich mich selbst nach all den Jahren noch erinnern 😉
Hier geht’s zum Buch…
Hahaha!!! Ich musste echt Schmunzeln beim Lesen. Du könntest ich sein. Wirklich herrlich! 🙂