Manchmal möchte ich nichts wissen vom tristen Grau und der Welt da draußen. Wozu stürmen…
Wenn Fünf eine Reise tun: Ski-Urlaub OHNE Ski-fahren? Geht das? Und wie fühle ich mich dabei?
Dienstag-Abend ist es soweit.
Ich sitze auf der Bank mit den kuscheligen Kissen in unserer wunderhübschen, frisch renovierten Ferienwohnung und dicke, fette Tränchen kullern meine glühenden Wangen herunter.
Denn ja, sie glühen meine Wangen.
Ein insgesamt 8-Kilometer-Lauf am Vormittag inmitten frischer Bergluft über Steigung und Gefälle, rund um den malerischen Wildsee Seefelds, teils durch Schnee und Matsch und dann wiederum glücklicherweise festem, sicheren Untergrund liegt hinter mir.
Ich bin müde, so wie man es in einem Skiurlaub am späten Nachmittag nun einmal ist.
Meine Beine sind schwer, Gesicht und Körper warm – so wie es nun einmal nach einem aktiven Urlaubstag in einer traumhaften Ski-Region so ist.
Nur bin ich eben nicht Ski gefahren.
Ich war laufen, saß in der fast schon frühlingshaften Sonne, blickte auf Schnee-bedeckte Berge – und verbrachte einen kurzweiligen Nachmittag mit dem Sohn in Innsbruck.
Und dennoch schmerzt mein Herz gerade sehr.
Ich habe mich gegen das Ski-fahren entschieden und mein Herz blutet!
Denn dummerweise WEISS ich, worauf ich in diesen Tagen – bewusst – verzichte!
Ich hatte es in meinem Leben schon spüren dürfen, dieses ganz besondere Feeling!
Denn ich KONNTE einst mal Ski-fahren – in zweierlei Hinsicht.
Vielleicht könnte ich das sogar jetzt noch – und tue es dennoch nicht.
Doch dazu gleich.
Ich lernte es erst spät, habe aber einst Ski-fahren geliebt!
Ja, ich lernte sehr spät Ski-fahren.
Erst Mitte Zwanzig.
Der Mann war es, der mir auf Carving-Ski erste Rutschversuche und zarte Schwünge in Zell am See beibrachte.
Ein paar Stunden Skilehrer on top – und ich war die Königin der Piste!
Wie frei ich mich fühlte, wie unbeschwert, welch’ Glücksgefühl meinen ganz eigenen Körper durchströmte!
Jedes einzelne Mal.
Bei jeder Abfahrt – ich konnte nicht genug davon bekommen.
Ein Gefühl, welches nun meine zwei Töchter kennen- und bereits auch jetzt schon zu schätzen lernen.
Auch ich war einst in jenem glückseligen flow.
Bis zu meinem ersten Ski-Unfall.
Im Nachmittagsnebel wurden mir schlechte Sicht, zu schnelle Fahrt (ich sag doch – Pistensau 😉 ) und ein aufgewühlter Schneehuggel zum Verhängnis.
Ich fiel heftig und rutschte weit.
Den Arm unter dem Körper begraben.
Die Schulter war infolge dessen ausgerenkt – und der Skiurlaub (ausgerechnet an meinem Geburtstag!!!) gelaufen!
Es folgten MRT-Aufnahmen, Ruhigstellung und Krankengymnastik – über Wochen.
Ich entscheid mich also gegen eine OP und wollte es mittels konservativer Therapie versuchen.
Skifahren ging aber erst einmal nicht mehr – schließlich kamen mir auch drei Kinder dazwischen und das Thema war lange, lange Zeit auf sulziges Eis gelegt.
Ein zweites Mal kugelte ich mir dieselbe Schulter bei einem unglücklichen Sturz im Schwimmbad aus, damals schon Zweifach-Mama.
Und – lange Rede, kurzer Sinn – wie ich bereits hier berichtete, ein drittes Mal bei meinem eigentlichen Wiedereinstieg in das Ski-Feeling gleich am Schlepplift.
Da hält wohl absolut gar nichts mehr! (hinfallen wäre somit schlecht!!)
Und “da drinnen” ist nachgewiesen einiges lädiert. 🙁
Ich kann mir nun vorwerfen, nichts trainiert und für mehr Schulterstabilität getan zu haben in den vergangenen Monaten, doch dazu ist es nun einmal zu spät.
Ich bin im Spontan-Skiurlaub und nur drei von fünf Familienmitgliedern fahren tatsächlich Ski!
Weinen tue allerdings nur ich gerade.
Der Sohn mag einfach nicht, erste Versuche vor zwei Jahren konnten ihn nicht begeistern und in den gewissen Bann ziehen.
Gut aber gerade für die Situation, denn so sind wir zu zweit!
Und die Zeit zu zweit ist sogar richtig, richtig schön!
Wie funktioniert mein Skiurlaub OHNE Ski-fahren?
Wir frühstücken zusammen zu zweit, derweil die Anderen schon auf dem Berg sind.
Zuvor bestücke ich Rucksäcke, koche Tee (der nie getrunken wird) für die beiden Ski-Haserl und lege Ski-Kleidung zurecht.
Und verabschiede mich mit einem dicken Kuss für die nächsten sechs Stunden.
(Und wische mir heimlich ein Tränchen aus den Augenwinkeln)
Derweil der Sohn auf dem Bett chillt, genieße ich Frischluft und Bewegung beim (hier echt anstrengenden!) Lauf durch die Tiroler Umgebung – und später am Mittag und frühen Nachmittag unternehmen wir nochmals zu zweit etwas.
So schlenderten wir gestern durchs mondäne Seefeld (ein bisschen Schickeria und Freaks in Leoparden-Look, Bling-Bling und viel Pelz ist natürlich auch hier vorzufinden! 😉 ), vorbei an der bekannten Zwiebelkirche, bestaunten Langläufer (Olympia-Region, Langlauf-Paradies und so) und trafen die Ski-Haserl an der Talstation!
Wir genossen Almfeeling auf der Terrasse der Tal-Hütte und bestaunten die Mädels beim Kurven-schwingen.
(“Pizza” war gestern! Yeah!!!)
Später faulenzten fünf müde Krieger in der Wohnung – und selbst der Gatte und ich hatten am Abend ein Date zum Abendessen, als der Rest der Meute sich weigerte, nochmals in Klamotten zu steigen!
Es kommt also wirklich jeder hier auf seine Kosten!
Und dennoch zwickt, zwackt und sticht es hin und wieder seltsam, da wo das Herzerl ist.
Ich verbringe wertvolle Zeit mit meinem Sohn!
Heute fuhren wir mit dem Zug nach Innsbruck rein, der Sohn und ich.
Und das ist schön!
Das ist sogar quality time, die ich so in der Form zu Hause niemals mit dem großen Kind genießen könnte.
Denn da verschanzt er sich in seinem Zimmer und zockt mit den Freunden.
Da bin ich out.
Hier aber nicht.
Hier haben wir uns und kommen uns nahe, genießen die Zeit nur zu Zweit.
Das ist schön und auch eine besondere Form von Urlaub!
Vielleicht schaffen wir es morgen auch einmal auf den Berg, sofern die Sonne scheint.
Dann eben mit der Gondel oder Zahnradbahn.
Denn ich vermisse das sonnige Almfeeling so sehr!
Vielleicht treffen wir dann sogar Mittags den Rest von uns Fünfen.
Und stimmt das Wetter nicht, so können wir immer noch rodeln gehen, in die wunderhübsche Therme von Seefeld (es wird hier sehr streng nach 2G kontrolliert – ich denke, wir würden es wagen) oder auch einmal Schlittschuh-laufen gehen.
(Auch hier kann ich theoretisch fallen, will aber unbedingt fahren! Naja, es muss nicht alles logisch sein 😉 )
Ihr seht, es gibt unwahrscheinlich viel in einem Winterurlaub zu tun, auch wenn man eben nicht Ski-fahren kann oder möchte!
Was mich hier glücklich macht
Ich kann abschalten und zu mir finden, schon allein aus dem Grund, dass ich eben Zeit habe – und die Kleinste nicht ständig fordert! (Problem der Skilehrerin, nicht meins! 😉 )
Ich kann sporteln und spazieren und Gedanken schweifen lassen – und das ist gerade von immenser Bedeutsamkeit.
Ich kann mich sogar ein bisschen von mir selbst und meinen Sorgen erholen.
Denn die sind im Urlaub ganz weit weg und ich meide gerade bewusst all jene negativen Gedanken, die mir NICHT gut tun!!!
Und das Wichtigste:
Ich sehe wie glücklich meine Mädels sind!
Wie schnell sie lernen und wie ihnen das Ski-fahren Freude bereitet!
Wie sie mir stolz mit rosigen Wangen am frühen Abend alles berichten, wie unfassbar cool sie in Ski-Kleidung aussehen – und ich lausche, wie sie aufgeregt bereits den nächsten Schnee-Urlaub planen. 🙂
Ich gönne dieses wunderbare Gefühl meinen Töchtern von ganzem Herzen und hoffe, dass sie noch viele, viele Ski-Abfahrten in ihrem Leben genießen können!
Es ist durchaus etwas, das ich meinen Kindern mit auf den Weg geben möchte – und hier können mein Mann und ich das tun!
Eine schöne Erfahrung und Beobachtung!
Werde ich je wieder auf die Bretter steigen?
Und ich? Will ich der Sache nochmals eine Chance geben?
Nun, nicht mehr in diesem Urlaub.
Denn ich kenne die Grenze gerade nicht, ahne aber Schlechtes, denn ich habe ja nichts für eine Verbesserung des Zustandes meiner Schulter getan.
Doch jetzt gerade, als die letzten Tränchen getrocknet sind und meine Augen müde brennen mag ich den Gedanken nicht, nie wieder selbst dieses Gefühl erleben zu dürfen.
Es wäre anders, hätte ich niemals das Ski-fahren erlernt.
Ich merke und spüre Hoffnung, Wille und Motivation in mir aufkeimen, vielleicht geht da ja doch nochmal etwas.
In der Zukunft, nach Training und Austesten von Grenzen und Belastbarkeit.
Vielleicht bin ich eines Tages nicht mehr blockiert, traumatisiert und verkrampft.
Vielleicht verblassen Erinnerungen an Schmerz und Ski-Rettung – und vielleicht werden stattdessen kleine, feine Muskeln endlich stärker.
Um einem in mir entstehenden Willen Stand zu halten.
Um mir zu zeigen, dass ich es noch immer KANN.
Das wäre schön!
Und bis dahin?
Freu ich mich so unfassbar dolle für meine Kinder und genieße einfach das Hier-sein.
Fern von daheim und dem knatschigen Hessen.
Fern von Alltag, Schule und allem was dazu gehört.
Bis bald!
Eure
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