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Das “Heinzelmädchen” im Hintergrund – Unsichtbare #carearbeit

Freitag Morgen. Ein wichtiger Bestandteil der festen Zahnspange, der extra bestellt und vorübergehend eingesetzt wurde, ist dem Kind kurz vor Mitternacht aus der Fassung gebrochen.

Ein Essen scheint unmöglich. Der Schulbesuch auch.

Hier muss schnell gehandelt werden und am frühen Morgen rufe ich in der kieferorthopädischen Praxis an, damit umgehend geholfen und repariert werden kann.

Damit im Nachhinein wieder alles gut ist und das Kind ein unbeschwertes Wochenende genießen kann.
Damit nicht auffällt, dass etwas nicht stimmte.

Dafür lasse ich alles, was ich mir für den Vormittag vorgenommen habe, liegen.

Es drückt und zwickt ein wenig – irgendwo – denn so gerne hätte ich mich heute konzentriert um dieses eine Projekt gekümmert.

Ich hatte mich richtig darauf gefreut!

Doch schlägt mein Herz nun einmal noch höher für die Kinder – das tut es immer!

Und ich organisiere und plane unauffällig um.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Auf der Heimfahrt halte ich noch kurz beim Gartencenter, für den Abend wünscht sich der Mann eine Party mit Freunden!

Der Feuerkorb kommt mir in den Sinn!

Der, für den kein Holz mehr vorhanden ist.
Ich besorge schnell einen Karton sowie Anzündwürfel.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Ein Kind hat heute nur drei Stunden Schule – das bedeutet in dem Fall Unterrichtsende bereits um 09.55 Uhr.
Es muss irgendwie nach Hause kommen.

Glücklicherweise passt es zeitlich gerade gut und ich biege vorzeitig von der Autobahn ab, damit das Kind vorm nächsten Regenschauer nach Hause kommt.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Kleinigkeiten, an die es zu denken gilt!

Es soll ein geselliger Abend werden, doch fehlen Wasser, Erfrischungsgetränke und Wein.
Beim Einkauf für das Dessert hieve ich die Spezi-Kiste in den Einkaufswagen.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Damit sich nicht allzu viel Geschirr stapelt und Geselligkeit ob auszuräumender Spülmaschinen gestört wird, lasse ich bereits am Vormittag und Mittag zwei Ladungen laufen und zähle Dessertschalen und Löffel ab.

Es bleibt mir eine Stunde zum Zubereiten des Nachtisches, gleich zwei Desserts möchte ich machen – das habe ich mir vorgenommen und die Kinder sich so sehr gewünscht!

Ich rühre und richte an – parallel suche ich nach einer Lösung für ein schnelles Mittagessen, denn um 13 Uhr ist bereits wieder Reitstunde.
Und das Taxi muss erneut fahren.

Ich brate Würstchen und backe Brötchen auf, sorge mich um das leibliche Wohl aller Familienmitglieder, verziere das Dessert und stelle kühl – und hole zwischendurch ein drittes Kind vom Schulunterricht ab.
Eines bringe ich im Anschluss bereits wieder in die Nachbarstadt.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Noch bevor wir vier restlichen Familienmitglieder essen können, schreibe ich eine Mail an einen potentiellen Kooperationspartner.

Bevor Wochenende ist und der Deal durch meine Verzögerung platzen könnte.
Ganz heimlich tue ich das und schnell. Damit niemand auf das Mittagessen warten muss.

Für die Party am Abend brauchen wir frische Geschirrtücher und Gästehandtücher, es sind keine mehr in den Regalen aufzufinden.
Ich stelle noch vor der nächsten Taxi-Fahrt die Maschine an, damit ich am Nachmittag falten und wegräumen kann.

Später dann werde ich Grasbüschel aus dem Beet zupfen, wo doch eigentlich hübsche Blümchen stehen sollten!
Ordentlich hätte ich es gerne am Abend und stelle Geschirr und Windlichter bereit.
Damit es nett ausschaut und an nix mangelt.

Denn ich bin das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Das jüngste Kind hat heute Nachmittag doch keine Verabredung.

Ich überlege, bevor alle Freunde und Gäste kommen, noch schnell ein bis zwei Stunden Freibad mit dem Kind in den ohnehin schon vollen Tag zu quetschen.
Damit es nicht so alleine ist und sich langweilen muss.

Sie so zu sehen tut mir weh – und setzt mich gleichermaßen unter Druck.

Ich würde dann einfach nicht duschen, überlege ich, und mit noch nassen Schwimmbad-Haaren am Tisch sitzen.

Vielleicht merkt es ja niemand…

Denn ich bin ja das Heinzelmädchen im Hintergrund.

Wie durch Zauberhand…

Das Heinzelmädchen im Hintergrund verrichtet allein an diesem einen Tag ganz unauffällig so viele Dinge, die später niemandem auffallen werden!

Die niemand sieht!

Weil dann ja – wie durch Zauberhand – alles funktioniert und möglichst reibungslos läuft.

Niemand erkennt die Gedankengänge im Vorfeld und die Planung, die zeitliche Organisation und die vielen “Daran-sollte-ich-noch-schnell-Denkens“!

Denn im Endeffekt klappt ja alles ganz prima, wunderbar und easy.

Wie durch Zauberhand…

Emsig wurschtelt das Heinzelmädchen im Vorfeld und im Hintergrund, huscht hier und da zwischen Wäschestapeln und Einkaufstüten hin und her – und sorgt für frischen Duft aus der Gästetoilette.

Am Abend wird davon nicht mehr viel wahrzunehmen sein.

Denn im Grunde realisiert man gar nicht, was das Heinzelmädchen alles leistet und wie groß sein Beitrag ist!

Wie es dazu beiträgt, dass der Laden funktioniert und flutscht und dass Bedürfnisse erfüllt werden – und Kinderaugen leuchten.

Es ist ein unsichtbarer Job und gefühlt undankbar obendrein!

Denn DAS ist #carearbeit, das ist #mentalload.

Ich WILL aber gar nicht unsichtbar sein!

Doch mag das Heinzelmädchen nicht länger unsichtbar sein!

Es wünscht sich Wertschätzung und dankende Worte oder gar Gesten!

Es möchte anerkannt wissen, dass all die vielen kleinen Dinge des Alltages nur deshalb funktionieren, weil eben das Heinzelmädchen im Hintergrund funktioniert!

Auch möchte es gesehen werden – und vor allem selbst Träume leben dürfen!

Das Mädchen im Hintergrund möchte Bücher schreiben und an Projekten arbeiten!

Projekte, die liegen bleiben müssen – wie selbstverständlich – kommen all’ die unaufschiebbaren und unsichtbaren Aufgaben der Care-Arbeit dazwischen!

Das Heinzelmädchen möchte in den Arm genommen werden und einmal nicht an morgen und mitdenken müssen!

Und vor allem muss das Heinzelmädchen auch auf sich selbst aufpassen!

Jetzt reicht’s!

Und daher entschließt sich das Heinzelmädchen für den Rest des Tages zu delegieren und auch einmal liegen zu lassen!

Es wird sich Zeit für sich nehmen, um auch den Kindern gegenüber entspannt und liebevoll sein zu können – und es wird sich von Vorstellungen im Kopf verabschieden.

Vielmehr wird es sich selbst anerkennend und wertschätzend auf die Schulter klopfen und sich einfach mal vor Augen führen, WAS es bereits an diesem Tag geleistet hat!

Und vor allem wie wertvoll es – nicht nur als Heinzelmädchen – ist!

Es wird weiter darum kämpfen, dass #carearbeit und #mentalload nicht nur ihre Angelegenheit sind!

Es wird aufmerksam machen und Aufgaben verteilen, locker-lassen, über Dinge hinwegsehen und den Mund aufmachen!

Und es wird bewusst nicht mehr überall mitdenken – und Familienmitglieder ordentlich einspannen!

DAS entscheidet das Heinzelmädchen heute einmal mehr!
#waytogo 😉

Und jetzt legt es die Füße hoch!

Eure 

Alex

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ein „schönes“ Wort dafür ist „Feenarbeit“ – alles was gemacht wird/gemacht werden muss und keiner sieht – eben Arzttermine vereinbaren, Impftermine im Blick haben, Verabredungen koordinieren usw. Welche Mama kennts nicht? Viele Grüße und danke für den Text.

    1. Stimmt, das klingt schön! Fee passt nur leider nicht zu mir – fauchender Drache trifft es da situativ wohl schon eher! 😉
      Liebe Grüße!!!

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