Die Macht der eigenen Gedanken und Gefühle - und was Träume uns über uns selbst…
Vom kranken Kind Teil II, Wartezimmergeflüster
Und wieder mal habe ich Zeit nachzudenken und mir den Popo platt zu sitzen. Abermals ist sogar ziemlich viel Zeit dafür. Oder alternativ im heutigen Fall: Leitfaden für den Englisch-Kurs auswendig zu lernen. Und Zeit zum Leute beobachten. Gezwungenermaßen.Ich hatte es ja angekündigt. Das Kind muss zum Arzt.
Wenngleich mir der Ausgang der Untersuchung schon jetzt glasklar ist. Aber ich bin nun mal kein Mediziner und verabreiche nicht leichtsinnig irgendwelche Medikamente. Also haben wir uns heute morgen auf den Weg gemacht.
Nach zwei Stunden weiß ich meistens allerdings gar nicht mehr warum wir überhaupt da hocken beziehungsweise die Kinder sind gefühlt schlicht und einfach in der Zwischenzeit wieder gesundet. Kennt Ihr dieses Phänomen? “Ob wir jetzt einfach flüchten?” frage ich mich für den Bruchteil einer Sekunde. Aber dann wäre die ganze Aktion ja für die Füße gewesen. Nein! Können wir jetzt nicht bringen…Außerdem entstehen hier gerade architektonische Kunstwerke wie auf dem Beitragsbild zu sehen!
Und kennt Ihre diese anderen schlimmen Gedanken?
Für die sich jede Mutti echt schämen sollte? Und ich weiß, dass ich nicht alleine bin! Es wurde mir schon von mehreren Seiten verschämt zugeflüsstert. Wir denken im Wartezimmer ALLE das Gleiche: “Hoffentlich hat sie/er jetzt wirklich was, wenigstens ‘ne Klitzekleinigkeit. Damit sich die ganze Fahrerei und Rumhockerei auch gelohnt hat”. “Sonst stehste wieder wie die oberpeinliche und hysterische Heli-Mom da, wenn jetzt nix ist”.
Echt jetzt!? Wir wünschen uns unser Kind krank, damit wir nicht so dumm da stehen!?Also zumindest so’n bisschen, nicht wirklich schlimm natürlich! Aber alles damit wir Recht hatten und uns nicht blöd fühlen müssen. Was erneut beweist, dass Mütter viel zu viel denken! Denn so wichtig sind wir einfach nicht! Es geht ja schließlich hier auch nicht um uns! 😉
Und Mütter, ja davon gibt’s beim Kinderarzt viele.
Manchmal, beim Warten, erlaube ich mir den Spaß und teile die Mütter gedanklich in Kategorien ein. Selbstverständlich steht mir das nicht zu und ich habe ja keine Ahnung, kenn’ ja keine davon. Aber es macht voll Spaß! Hoffentlich merkt nur keine von denen wie ich heimlich vor mich hin schmunzele.
Da gibt’s zu allererst natürlich die übervorsichtige Dinkel-Plätzchen Mutti. Hat ‘ne Brotbox voll Öko-Zeugs dabei, wischt dem Kind tausendmal die Hände mit Feuchties ab und ermahnt es jetzt bloß nix anzufassen! Ist ja alles Iiih in so ‘nem Wartezimmer. Und wehe Dein Kind fängt dann an zu husten, oder noch schlimmer, mir aber durchaus auch schon passiert: Fragt im Wartezimmer lautstark nach ‘ner Kotzschale! Und plötzlich saßen wir damals allein 😉 Gekotzt hatte sie natürlich nicht.
Dann, auch immer wieder lustig, die Handy-Moms. Sitzen neben ihrem Kind, geistig jedoch völlig abwesend. Den Blick starr auf’s Mobiltelefon gerichtet. Meistens sitzt das etwas größere Kind in genau der gleichen Form daneben. Und ich stelle verschämt fest: Bin ich mit dem Großen allein unterwegs, ab und an kommen wir auch schon in die Richtung. Pfui! Anstatt miteinander zu reden 😉
Und ein Muster kennen wir alle. Weil wir es ALLE tun! Dabei ist’s so lächerlich. Denn jede weiß es eigentlich besser. Wovon ich rede? Ich rede von der gespielten Freundlichkeit. Dem betont ruhigen und extrem freundlichen Umgang mit unseren Kindern. Die flötenzarte Stimme. Die dämlich korrekten an das Kind gerichteten Fragen: “Möchtest Du noch einen Schluck trinken?”, “Ach Du arme Maus, komm doch bitte auf meinen Schoß” ,“Tirilli Tirrilla”
Boah! Sind wir Muttis tolle Schauspielerinnen! Denn wo kann man besser die perfekte, vorbildliche Mutter demonstrieren als im Wartezimmer beim Kinderarzt? Weil wir alle glauben das raushängen lassen zu müssen. Anstatt einfach entspannt und normal zu bleiben!
Wir wissen doch alle, dass wir zu Hause anders sind!
Männer sind da so viel cooler! Die pennen einfach im Wartezimmer! Recht haben die!
Heute hab ich aus Versehen meine Kleinste “Schleimer” genannt. Weil sie mir erst sagte, wie eklig ich bin, um mir dann ein “Mami, ich hab Dich lieb” entgegen zu zirpen! Selbstverständlich hätte ich gerührt sagen müssen: “Ich hab’ Dich auch lieb Du armes, krankes Mäuschen. Möchtest Du noch einen nachhaltig hergestellten Dinkel-Keks vom Bio-Hofladen?”, “Kuck mal, vielleicht möchte das Mädchen neben Dir ja auch einen haben?” , “Tirilli, Tirilla”
Raus rutschte mein grummeliges “Schleimer!”. Ei, ich hatte Kopfschmerzen! Und Hunger! Und war auf Kaffee-Entzug! Wie es halt so ist, wenn man um 8.30 das Haus verlässt, vierzig Minuten zwecks Unfall auf der Autobahn im Stau steht, weitere zehn Minuten mit der Parkplatz-Suche verbringt und dann zwei Stunden im Müffel-Räumchen hockt 😉
Aber ich habe meine Schuldigkeit getan. Das Kind war beim Arzt und das war auch gut so! War ja doch nicht so absurd die ganze Aktion. Bald wird sie hoffentlich wieder gesund!
Und jetzt hab ich Kohldampf! Und muss endlich diese ganzen Dinge tun, die heute morgen liegen geblieben sind. JETZT will ich nicht mehr ausruhen, warten und ausharren! Jetzt stürzt Mutti sich wieder kopfüber in den Wäscheberg (Laundry diving oder so ähnlich) und verfällt in gewohnt alten Aktionismus! Yes! Los geht’s!
In diesem Sinne: Bleibt alle gesund!
Eure Alex
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