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Solange ich noch auf dem Spielplatz sitzen darf – Zukunftsgedanken

Es war mir eine Weile ein Graus.
Ja, ganz ehrlich.

Ich fand’s furchtbar langweilig und hätte in der Zeit lieber die effektivsten Dinge angestellt.
Hätte gerne Anstehendes erledigt und wäre liebend gern ein klein wenig schneller vorangekommen.
Nur so’n bisschen wenigstens.

Statt mit den Schuhen im grobkörnigen, staubigen Sand zu stehen und Hilfestellung zu geben.
Hier auf dem örtlichen Spielplatz. 
Immer und immer wieder.

So, wie es gerade Mama und Papa von Klein-Konstanze (*Name von der Autorin geändert 😉 ) gerade tun.
Absolut hingebungsvoll ermutigen beide (!) das unbeholfene schüchterne Mädchen – vermutlich (nein ganz sicher!) das erste Kind – den Schwung die kurze, metallene Rutsche hinunter zu wagen.

“Möchtest Du es nicht noch einmal versuchen, mein Schatz?”

spricht Konstanze-Papa im absolut korrekten Hochdeutsch.

Konstanze-Mutter, Enddreißigerin im Seidentuch, zückt derweil die Apfelschnitzchen und Feuchttücher.
Stets darum bemüht, das kleine Kind so hygienisch rein wie nur möglich zu belassen.
“Die sind nicht von hier”
muss ich in diesem Moment unweigerlich denken.

Besuch aus dem feinen Norden, vermutlich Großstadt, so stelle ich mir das schon eher vor.

Und ganz sicherlich wird Konstanze-Mutter in den nächsten Monaten bereits wieder voll in’s Berufsleben einsteigen und nahtlos die führende Position eines großen Konzerns wieder übernehmen.
Konstanze wird ihre Apfelschnitzchen von einer staatlich geprüften Tagesmutter bekommen und ebenfalls von dieser die Kieselsteine aus den piekfeinen Schühchen gepustet bekommen.

Nun, dem Alter, in dem ich an der Rutsche Hilfestellung geben muss, bin ich längst entwachsen.
Während ich also hingegen mit meiner Latte auf der Bank in der Sonne sitze, werden alle jäh aus ihrem emsigen Treiben gerissen:

Mein wild-gelocktes, blondes Kind poltert über die Hänge-Wackel-Brücke.
So sehr, dass Klein-Konstanze – noch immer am Rutschen-Eingang sitzend – nur so bebt und wackelt.
Und um ein Haar wäre das arme Kleinkind versehentlich die gemächliche kleine Rutsche herunter gequietscht.
(Schneller geht’s eh nicht! 😉 )

Froh, noch auf dem Spielplatz zu sitzen!

Ja, ich darf mittlerweile hier entspannt in der Sonne sitzen.
Hilfe braucht die Fünfjährige schon lange nicht mehr.
Ich muss nur winken und hier und da zukucken  – und mit einem Auge das wilde Wesen in eben diesem behalten.
Und das ist schön!

Plötzlich ist es gar nicht mehr so schlimm, sich auf deutschen Durchschnitts-Spielplätzen herum zu treiben.

Im Gegenteil!
Ich bin gerade froh!

Froh, NOCH hier sein zu dürfen!

Denn möchte auch mein letztes Kind nicht mehr mit mir zusammen alleine auf den Spielplatz gehen (wir haben heute Geschwister-frei), dann bin ich Eines wirklich:
Alt und nicht mehr ganz so dolle gebraucht.

Ein Familienmensch

Und bei diesem Gedanken wiederum muss ich schlucken und stark blinzelnd Tränchen zurück halten!
Denn ich genieße zur Zeit sehr das Mama-sein und mein ganz eigenes Familienleben!
Und zwar in vollen Zügen.
Ich bin dieser Tage ein Familienmensch durch und durch – und die Vorstellung, dass sich das einmal ändern könnte, macht mir Angst.

Ich möchte noch ganz lange Sandhaufen aus dem Kindergarten im Flur vorfinden und Schoko-Mäuler abwischen.
Ich möchte noch eine Weile darum bangen, dass das Kind endlich das Seepferdchen macht und nicht todesmutig ohne Schwimmhilfe ausgerechnet an der tiefsten Stelle des Nichtschwimmerbeckens in eben dieses beherzt hüpft!
Ich möchte noch Händchen halten und Haare mit Spängchen frisieren.

Ich möchte im Kino noch beschützen dürfen und Töpfe-Weise Kresse säen.
Ich möchte noch ganz lange mit meinen Mädels Osterkekse, die nach Weihnachten schmecken, backen und Eier in den schrägsten Farben färben!

Und sogar Gummipferde möchte ich noch eine ganze Weile wiehernd durch’s Wohnzimmer poltern lassen!

Kinder werden groß – und ein Plan muss her

Denn irgendwann werde ich hier nicht mehr gebraucht.
Und dann brauche ich ihn endlich:
Den verflixten Plan B.
Um nicht in’s Bodenlose zu fallen.

Denn bekannterweise bin ich Eines aktuell:
Mama aus ganzem Herzen.
Dreifach-Mama ohne beruflichen Wiedereinstieg.

Denn der musste bislang immer warten.
Weil ich das so wählte und eben einen anderen Weg als “Konstanze-Mutter” gegangen bin.
Möglicherweise auch weil ich – aus der Sicht so manch Anderer – viele Fehler nacheinander beging und falsche Entscheidungen traf.

Das Schicksal meinte es zum Glück (!) aber anders mit mir!
Nur so kann ich es mir selbst erklären, dass ich exakt nach zwei Jahren beantragter Elternzeit erneut schreiend im Kreißsaal lag und nach exakt weiteren beantragten vier Jahren abermals! Ich bekam innerhalb von sechs Jahren drei Kinder und Danke Gott – gerne auch dem Universum – aus tiefstem Herzen dafür.
So “blöd” und “blauäugig” das in der heutigen Zeit auch sein mag.

Und ich bekam alle drei Kinder bewusst mit dem Hintergrundwissen, für diese vollständig alleine da sein zu müssen!

Ohne ständige und feste Hilfe von Großeltern.
Ohne die Option an festen Tagen in der Woche wieder arbeiten gehen zu können, weil dann planmäßig Oma und Opa übernehmen.
Ohne einen Papa, der Abends mit anpacken kann, da beruflich oft Tag und Nacht außer Haus.
Ohne kostspielige Tagesmutter – und mit dem Wissen, dass hier auf dem Land auch die späteste Kita-Betreuung um 16.30 Uhr endet.

Ganztags im alten Job arbeiten inklusive Fahrzeit? Aktuell nicht umsetzbar.
Denn ich habe noch immer ein recht kleines Kind!

Was wird aus mir?

Es ist 17.45 Uhr. “Konstanze” muss “nach Hause”, bald ist Schlafenszeit und Mama Konstanze und Papa Konstanze möchten schließlich ihren Feierabend bei einem gemütlichen Glas Rotwein (eindeutig erstes Kind!) genießen.

Und ich?

Ich werde die nächsten Wochen, Monate und Jahre sehr viel in mich gehen müssen und nach Alternativen, einem Plan für mich selbst suchen müssen.
Denn ich merke, wie schnell Kinder wachsen und zumindest die beiden Großen mich von Tag zu Tag ein kleines bisschen weniger brauchen.

Auf der anderen Seite erkenne ich aber auch, wie wichtig es ist, auch während der Schulzeit da zu sein!

Bei den Hausaufgaben und der Vorbereitung auf Klassenarbeiten Hilfestellung zu geben – das ist sogar von großer Bedeutung!
Da sein und zuhören zu können!
Und was das betrifft, bin ich froh, diese Möglichkeit zu haben!
Oder eben Nachmittags auf dem Spielplatz in der Frühlingssonne sitzen zu dürfen. 🙂

Einen Tag später halte ich einen Brief in der Hand.

Möchte ihn alsbald zur Post bringen.
Ob er mir weiteren Aufschub und Überlegungs-Freiraum gewähren wird?
Ich weiß es nicht.
Ich werde wohl abwarten, wie in meinem Fall entschieden wird und auf Verständnis hoffen müssen.
Erneut versuche ich mir Zeit zu verschaffen, um nach Lösungen oder gar Alternativen suchen zu können.
Um mich selbst nach Jahren der Mutterschaft wieder zu finden und (neu) zu definieren.
In der Hoffnung, dass auch ich wieder meinen Weg finden werde und sich neue Türen öffnen.

Für die Zeit, in der Spielplätze und Mürbeteig-Kekse an Bedeutung verlieren.
Für die Zeit, in der Taxi-Fahrten seltener werden und weniger laute Kinderstimmen Wohnzimmer und Garten füllen.

Doch ganz ehrlich? In meinem tiefsten Inneren hoffe ich, bis dahin dauert es noch unendlich lange!

Genießt die Zeit, in der Eure Kinder noch klein sind!

Eure 

Alex

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Oh mein Gott. Ich war gerade etwas erschrocken, denn dieser Text könnte 1 zu 1 von mir stammen. Mit den 3 Kindern, den Großeltern, dem Papa und das 100%ige Mamasein. Ich habe so geweint eben. Denn ich kann mir garnicht vorstellen dass ich irgendwann mal wieder ein Leben ohne kleine Kinder führen werde. Danke für diesen tollen Text?

  2. Liebe Alex – diese Zeilen sind wunderbar geschrieben und ich fühle sehr gut mit dir – bin ebenfalls Mama von 3 Kindern und genieße dies in vollen Zügen. Ich wünsche dir/euch noch ganz viele schöne Nachmittage am Spielplatz ?

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