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Oh Du liebes Butterbrot!

Mein treuer Freund,

Jeden Abend besuchst Du mich. Zu später Stunde. Dann wenn’s im Haus ganz leise ist. Erschreckend ruhig und Mutti plötzlich so einsam. Dann kommst Du. Überrascht mich mit deiner Anwesenheit, manchmal ganze drei mal! Umzingelst mich mit Deinem Duft. Dem Duft eines langen Tages in engster Behausung und muffigen Schulranzen.

Doch beschwer dich bloß nicht über Dein Zuhause! Dein neues, schweine-teueres Zuhause! Welches ich Dir erst kürzlich geschenkt habe! In sechsfacher Ausfertigung. Voll funktionsfähig, spülmaschinengeeignet und geruchs- sowie hoffentlich geschmacksneutral! Selbst flexible Trennwände hast Du in Deiner neuen Wohlfühl-Oase. Denn ich habe vorgesorgt. Damit Du nicht zu sehr kuscheln musst mit all den saftigen Apfel-Stückchen und danach völlig durchweicht die Heimreise  wieder antreten musst.

Und jeden einzelnen Tag habe ich die Hoffnung. Dass Du nun in den saftig-leckeren Genuss Deiner tatsächlichen Bestimmung gelangst. Nämlich den Schlund meiner herzallerliebsten Kinder herunter zu rutschen. Deren Bäuchlein zu füllen und die nötige Energie für einen anstrengenden Schul- und Kita-Vormittag zu liefern. Gehirn-Nahrung solltest Du sein! Konzentrationshilfe! Ein wohlig-vertrautes Häppchen “Zu Hause” in der fremden Umgebung.

Wie kann ich nur ahnen, dass Du so “vergessen” wirst! Immer und immer wieder. Keines Blickes wirst Du gewürdigt. Aufgehübscht wie Du nunmal daliegst. Verziert mit Paprika-Stückchen. Umringt von Bio-Meersalz-Kräckern und Käsewürfeln. Hach! Zum Anbeißen! Eigentlich.

Deshalb nehme ich auch jeden einzelnen morgen Abschied von Dir. Denke ich würde dich nie wieder sehen.

Doch die Konkurrenz ist groß und das Taschengeld Deiner Besitzer scheinbar schier unerschöpflich. Wer kann schon mit Pizzabrötchen, Käsestangen, Pommes oder gar Schnitzel (!) zum Frühstück mithalten? Wundervoll duftend präsentiert in der Schul-Cafeteria? Dabei verteidige ich Dich jeden verflixten Morgen vor der Schule. Spreche Drohungen aus, Dich bloß nicht wieder sehen zu wollen und verhänge Sanktionen sollte ich es doch tun. Ich weiß, das ist unfair Dir gegenüber. Vielleicht hast Du mich einfach viel zu gern und beglückst mich deshalb am späten Abend mit Deiner Existenz.

Und es tut mir leid, dass ich mich dann so gefühlskalt Dir gegenüber zeige. Dich verachtend an zwei Fingern baumeln lasse und ohne jeglichen Abschiedsgruß in den Bio-Mülleimer befördere. Das hast Du nicht verdient!

Selten jedoch bist Du Zuckersüß.

Das muss ich zugeben. Denn das darfst Du auch gar nicht sein! Nie darfst Du Dich mit Nutella und Erdbeer Marmelade zieren. “Zuckerfreier Vormittag” so der Name Deines größten Feindes. Deshalb bleibst Du vorbildlich. Bestückt mit Wurst und Käse und bespikt mit Körnern. Die Kita will es so. Und die Schule zumindest in den ersten zwei Jahren auch. Danach scheint’s “wurscht” zu sein. Denn dann muss die Kasse ja klingeln. Die des Pausen-Imbisses.

Und Mutti spurt, wohlwissend dass Du SO das Herz des Nachwuchses selten zum hüpfen bringst. So war’s zumindest bei den beiden Großen. Nur die Kleinste darfst Du noch ab und an von innen wärmen und stärken. Und ich weiß bis heute nicht WIE genau die Erzieherinnen das erreichen konnten. Muss bei nächster Gelegenheit mal fragen.

Und da liegst Du nun. Noch nicht geschnitten und geschmiert im Brotkasten! Wirst mir morgen früh wieder fast fünfzehn Minuten meiner kostbaren Schlafenszeit rauben. Weil Mutti nicht aufgibt. Weil Brote-schmieren doch verdammt nochmal zum Mama-Dasein dazu gehört! Das ist doch meine Aufgabe am blöden frühen Morgen! Ich darf nicht faul sein, Dich weglassen und meinen großen Kindern jeweils zwei Euro nett verpackt im Butterbrot-Beutel mitgeben. Denn es heißt nun mal “Brotbox” und “Butterbrotbeutel”! Was wäre ich für eine Mutter, die ihren Kindern nicht liebevoll ein nettes Frühstück zubereitet. Obwohl ich es eigentlich besser weiß. Aber nein! Ich kämpfe weiter! Für meine (nicht selbstgebackene) Dinkel-Körner-Butterbrot-Ehre! Noch ist er nicht ausgeschöpft mein Einfallsreichtum! Dich bekomme ich schon noch unter die Kinder.

Und sollte ich Dich dennoch heute Abend wieder vorfinden. Ich verspreche Dir: dieses Mal beiße ich herzhaft in Dich hinein. Nur einmal. Damit’s wenigstens ein bisschen was wert war. Das leidenschaftliche, hingebungsvolle Geschmiere. Und dann schicke ich Dich wieder auf die Reise. Ins ferne Los Mülltonnos! Pass auf Dich auf! Ich hab Dich lieb!

Deine Alex

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